Wilmersdorf. Ohne ein einziges Mitglied war man 1992 zunächst in Falkensee gestartet - erst mit dem Ausbau eines Kohlenkeller am Kudamm kam dann der Erfolg. Heute zeigen Michael Hanke und Stefan Boehm dort in ihrer Schule "Veni Vidi Avci" nicht nur Hobby-Kampfsportlern, wie man sich gegen überlegene Gegner verteidigt, sondern auch Polizisten des BKA.
Die Flasche auf dem Küchentisch könnte eine Waffe sein. Oder vielleicht die eingerollte Zeitung. Möglicherweise bleibt dem Angegriffenen nichts von alledem. Dann braucht es die bloßen Hände. Und wer die Kunst des Avci Wing Tsun beherrscht, wird wahrscheinlich am Ende nicht auf der Verliererseite stehen. Zumindest, so lange er sich die ungestüme Kraft des anderen zu nutzen machen kann."Aber der beste Kampf ist einer, der nicht stattfinden muss", weiß Michael Hanke. Fast jeden Abend steht er mit seinem Partner Stefan Boehm im ehemaligen Kohlenkeller oder dem darüber befindlichen Atelier und erprobt rund 200 Schüler für alle Fälle, in denen selbstbewusstes Auftreten zur Kampfvermeidung nicht genügt. Das Avci Wing Tsun erinnert nicht nur zufällig an Kung Fu. Es ist eine besonders alltagsnahe Variante. Selbstverteidigung ist Trumpf.
Ob die Schüler in der Eisenzahnstraße 64 effektvolle Schlagfolgen üben oder lieber mit Holzstäben gegeneinander antreten, "das bleibt jedem freigestellt", sagt Hanke. Das Escrima, ein traditioneller Stockkampf, mit denen die Einwohner der Philippinischen Inseln einst spanische Besatzer vertrieben, ist der zweite traditionelle Kampfsport, die bei "Veni Vidi Avci" gepflegt wird.
"Dort fängt man zuerst mit Stöcken an zu kämpfen und endet mit bloßen Händen. Bei Veni Vidi Avci ist es umgekehrt. Am Ende lernt man Gegenstände als Waffen zu nutzen", beschreibt der 50-jährige Gründer den Charakter der beiden Künste. Die kann der jüngste Recke im Alter von acht Jahren ebenso gut ausüben wie das 80-jährige Urgestein der Gruppe. Im Alter liegt der Schwerpunkt freilich eher auf der Stärkung der Gesundheit als beim Niederstrecken des Gegners. Nur wenige der Akademiemitglieder kamen seit der Grünung vor 20 Jahren bisher in die Situation, das Erlernte auch außerhalb der Trainingsräume gebrauchen zu müssen. Aber es stiftet bei ihnen eine innere Ruhe, zurückschlagen zu können. Mit der Flasche, einer Zeitung oder der bloßen Hand.
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