Wolfgang Nieblich beschreibt Betonklötze
Über diese vorübergehenden Einschränkungen und eventuelle Umsatzeinbußen kann man sich ärgern oder aber sie aufnehmen, produktiv nutzen und vielleicht daraus ein Geschäft machen. Für Letzteres hat sich der Künstler Wolfgang Nieblich entschieden: Er hat die die Rohrleitung stützenden Quader mit Kunst beschriftet. Sechs dieser Betonklötze hat er mit 25 Zitaten berühmter Persönlichkeiten versehen, die die Passanten zum Nachdenken einladen sollen. Bisweilen sieht er sogar Leute, die in die Knie gehen, um die Sprüche lesen zu können. Einfacher ist es, in die am Weg befindliche Galerie "Palm Art Press" zu gehen, denn da gibt es das Büchlein "Aphorismen auf Betonklötzen", das alle Sprüche enthält. "Fünf bis zehn Bücher verkaufe ich täglich." Dort gibt es seit Neuestem auch Miniaturausgaben der Rohrbefestigung mit Fundamentblock und den Sprüchen zu kaufen.
Wolfgang Nieblich hat von Haifa über Tokio, New York und Paris bis Moskau in der ganzen Welt ausgestellt. Seine Arbeiten befinden sich im Deutschen Buch- und Schriftmuseum Leipzig und der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main. 320 Bücher sind von und über ihn erschienen. Wesentliche Eigenart seiner Kunst ist, dass sie sich nahezu ausschließlich in der einen oder anderen Form auf Literatur oder das Buch bezieht. Aktuell ist in der Galerie Palm Art Press die von ihm herausgegebene Ausstellung "Einblattdrucke" zu sehen. Das sind von namhaften Künstlern gestaltete Klappkarten, die Bild und Literatur miteinander verbinden.
Ein Aufsteller mit dem Zitat von Paul Cezanne - "Man muss sich beeilen, wenn man noch etwas sehen will" - soll die Passanten auf diese Ausstellung aufmerksam machen. Die Bauarbeiten ließen ihm keinen anderen Platz, als diesen Aufsteller neben einen der Betonklötze zu stellen. "Da kann ich den Spruch auch gleich auf den Betonklotz schreiben", dachte sich Wolfgang Nieblich. So wurde das neue Kunstwerk geboren. Die Tiefbaufirma Brechtel hatte nichts dagegen. Nach dem Erfolg dieser Kunst an ihrer provisorischen Baustelleneinrichtung hat sie sogar 50 Bücher gekauft. Die Sprüche werden auf den Betonquadern bleiben und später auf anderen Baustellen von dem Künstler aus der Pfalzburger Straße künden. Die nächsten fünf Monate bleiben sie jedoch noch in der Pfalzburger Straße. Wenn die Ferien vorüber sind, will Wolfgang Nieblich auf die benachbarte Nelson-Mandela-Schule zugehen. Vielleicht will ein Deutschlehrer diese Kunst in seinen Unterricht einbeziehen. Die Inspiration hat er aus seinem von Albert Einstein stammenden Lieblingsspruch der Quaderbeschriftung bezogen: "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind". So ist aus einem Ärgernis Kunst entstanden.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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