„Ein Vormund bedeutet Familie“
Ehrenamtlicher Vormund kümmert sich um syrischen Jungen
Tausende Kinder und Jugendliche kommen ohne ihre Eltern nach Deutschland. Sie sind aus ihrer Heimat vor Krieg und Gewalt geflüchtet und müssen sich ohne ihre Familien in einem neuen Land zurecht finden. Dabei brauchen sie Hilfe. Die bekommen sie unter anderem von ehrenamtlichen Vormunden, die vom Vormundschaftsverein Cura vermittelt werden.
Einer davon ist Michel Diercks. Der 34-jährige Wilmersdorfer kümmert sich seit einem Jahr um sein Mündel Yamen. Yamen kommt aus Syrien und ist 17 Jahre alt. Er flüchtete vor gut eineinhalb Jahren ganz allein aus seinem Land, um in Deutschland eine Perspektive für seine Zukunft zu finden. Seit Januar 2022 lebt er in Berlin und gehört damit zu den rund 4000 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die im vergangenen Jahr in die Stadt kamen. Ein Rekordhoch seit 2015/2016, sagt Anna Müller von Cura. Sie sorgt als Vereinsvormundin und Ehrenamtskoordinatorin dafür, dass die Minderjährigen einen ehrenamtlichen Vormund an die Seite bekommen und ihnen in rechtlichen sowie auch in alltäglichen Dingen geholfen wird.
Verein sucht mehr Ehrenamtliche
Leider gebe es viel zu wenig Ehrenamtliche wie Michel Diercks, sagt Müller. „Derzeit kommen täglich sieben bis acht minderjährige unbegleitete Kinder und Jugendliche nach Berlin. Nur ein Bruchteil kann über eine ehrenamtliche Vormundschaft betreut werden“, bedauert sie. Es gebe natürlich noch Vereins- oder Amtsvormundschaften, doch bei diesen sei eine persönliche Beziehungen kaum möglich. „Auf einen Vormund vom Jugendamt beispielsweise kommen 50 bis 70 Mündel“, weiß Müller. Das bedeutet unter anderem, dass die jungen Menschen nach ihrer Ankunft in Berlin erst einmal in einer Clearing-Einrichtung verbleiben und auf einen Platz in der Jugendhilfe warten müssen. Aufgrund der Überlastung passiere aber lange nichts und viele der Kinder und Jugendlichen könnten deshalb nicht zur Schule gehen. Damit erkläre sich auch, warum ehrenamtliche Vormünder so wichtig seien und dringend gebraucht werden.
Aber welche Aufgabe hat ein Vormund eigentlich? „Ein Vormund ist die rechtliche Vertretung des Minderjährigen. Die Jugendlichen sind ganz allein in Deutschland und brauchen eine erwachsene Person, die rechtliche Dinge klärt“, erläutert Anna Müller die Aufgabe eines ehrenamtlichen Vormunds. Dazu gehören die Personen- und Vermögenssorge, Klärung von Fragen zu Gesundheit und Unterbringung oder der schulischen Betreuung sowie die Regelung der Asyl- und Aufenthaltsangelegenheiten.
"Begleiter auf dem Weg in ein neues Leben"
„Oft sind es auch die vermeintlich kleinen Dinge, die den jungen Menschen helfen, sich angekommen zu fühlen“, sagt Michel Diercks. Yamen habe er geholfen, an seine Wunschschule zu wechseln. Das sei dem 17-Järigen sehr wichtig gewesen. Als vom Familiengericht amtlich bestellter Vormund hat Diercks alle Vollmachten, für die Rechte von Yamen einzutreten. „Dank meines Vormundes konnte ich auch anfangen, ins Fitness-Studio zu gehen. Er hat mich unterstützt, Deutsch zu lernen und vor allem zu sprechen. Jetzt kommt meine Familie nach Deutschland und Michel hilft uns, eine geeignete Wohnung zu finden“, erzählt Yamen und fasst zusammen: „Ein Vormund bedeutet Familie“.
„Gerade für jüngere Erwachsene wie mich, verheiratet und noch ohne Kinder, ist eine ehrenamtliche Vormundschaft eine Bereicherung und ein schönes Gefühl, Verantwortung zu übernehmen und zuverlässiger Ansprechpartner und Begleiter auf dem Weg in ein neues Leben zu sein“, findet Diercks. Der Zeitaufwand für das Ehrenamt sei überschaubar und bei Fragen stehe der Vormundschaftsverein Cura immer zur Verfügung. Dort werden die Ehrenamtliche geschult und beraten.
Wer sich für eine ehrenamtliche Vormundschaft für einen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten interessiert, findet erste Informationen auf cura.nbhs.de/vormundschaftsverein/. Kontakt zu Anna Müller per E-Mail an mueller.cura@nbhs.de.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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