Paukenschlag am Ludwigkirchplatz
Franziskaner ziehen sich aus Sankt Ludwig zurück
„Uns geht die Kraft aus“, begründet Pater Damian Bieger den Rückzug der Franziskaner aus der Gemeinde Sankt Ludwig. Die Entscheidung sei dem Orden schwer gefallen, aber auch unwiderruflich.
Im Jahr 1986 übertrug das Erzbistum Berlin den Franziskanern die Seelsorge für die katholische Kirchengemeinde Sankt Ludwig. „Die Stellen bezahlen wir, besetzen müsst ihr sie“, lautete damals die Vereinbarung, sagt Bieger. Und genau das ist heute für den Orden das Problem: Es fehlt an Personal. „Wir können auf Dauer die Verantwortung nicht mehr tragen und geben deshalb den Auftrag zurück“, so der Pater. Das zugeben zu müssen sei nicht schön und schmerze, gerade wenn man so viele Jahre die Gemeinde begleite, sich an einem sehr guten Standort befände und dort auch gute Arbeit leiste.
Eigentlich ziehen die Franziskaner lediglich die Reißleine. „Es ist besser so, bevor wir die Aufgaben Personal übertragen müssen, mit dem wir selber Bauchschmerzen hätten.“ Es fehle an Nachwuchs, sagt Bieger. Alleine mit Jesus Christus zu leben, dieses Abenteuer wollten junge Menschen offenbar nicht eingehen.
Bis zum angekündigten Abschied im Sommer 2020 ist „noch fast ein Jahr Zeit, so dass alle damit anfallenden Fragen gut und in Ruhe abgesprochen und geplant werden können“, kommentierte der Provinzialminister der deutschen Franziskaner, Pater Cornelius Bohl, den Rückzug. Er hatte am 6. Oktober in allen Gottesdiensten der Pfarrgemeinde die Entscheidung, sich aus der Seelsorge in Sankt Ludwig zu verabschieden, mitgeteilt und deutlich gemacht, dass aufgrund der Personalsituation die Strukturen der Provinz radikal verkleinert werden müssten. „Wenn wir heute keine mutigen Entscheidungen treffen, werden wir in ein paar Jahren die wenigen jungen Brüder völlig überfordern“, sagt er.
Dem Erzbistum Berlin sowie den Gremien der Pfarrgemeinde und dem Pastoralausschuss des neu gebildeten Pastoralen Raums Berlin Wilmersdorf-Friedenau waren diese Überlegungen vom Grundsatz nicht fremd, vom Zeitpunkt der Entscheidung und der Veröffentlichung durch die Ordensleitung aber waren sie überrascht. In einer ersten Reaktion sagte Erzbischof Heiner Koch: „Wenn die Franziskaner die Seelsorge in Sankt Ludwig aufgeben, ist es die große Herausforderung, all die Engagierten, die es gibt, nicht zu entmutigen oder gar zu verlieren. Es ist verständlich, dass sich niemand – auch ich selbst nicht – die Pfarrei Sankt Ludwig ohne die Franziskaner vorstellen will, aber für Abschied und Dank ist es noch zu früh. Wir werden intensive Gespräche führen.“ Bieger indes glaubt nicht an die Rolle rückwärts.
Rund 11.000 Katholiken umfasst die Pfarrgemeinde Sankt Ludwig. Mit ihrer Trauer und Enttäuschung muss das Erzbistum Berlin nun umgehen. Anlässlich des pastoralen Prozesses „Wo Glauben Raum gewinnt“ ist entschieden, dass St. Ludwig, jetzt schon verbunden mit Albertus Magnus, mit der Pfarrei „Maria unter dem Kreuz“ zusammengelegt wird. Diese künftige Großpfarrei wird an die 30.000 Gläubige zählen. Nach Ansicht der Provinzleitung der Franziskaner ist dies ein angemessener Zeitpunkt für den Abschied, damit ein neuer Pfarrer die neue Gemeinde aufbauen kann.
Die beiden Pater Maximilian Wagner und Damian Bieger sowie das Seelsorge-Team, die Gremien, die vielen Ehrenamtlichen, Gruppen und Kreise der Pfarrei würden eingebunden in den Übergang. Bieger sagt es mit Bedauern: „Das Erzbistum muss sich Gedanken machen.“ Knapp ein Jahr hat es dafür Zeit.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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