Heilsarmee öffnet Tagesstätte „Willi B.“ im früheren Irish Pub „Molly Malones“
Wilmersdorf. Vom Guinness zum Gottvertrauen: In einem Ladenlokal an der Hanauer Straße hilft die Heilsarmee Bedürftigen mit sozialen Angeboten. Wer im Leben strauchelte oder gar seine Wohnung verlor, findet im „Willi B.“ wieder auf die richtige Bahn.
Snoopy war immer da. Als Jürgen im Regen auf der Straße saß, kauerte der Rüde neben ihm. Als er im Wohnheim der Heilsarmee unterkam, folgte der Hund schwanzwedelnd ins Warme. Und nun: Jürgen und Snoopy haben es geschafft. Fester Wohnsitz. Geregelter Alltag. Neue Zuversicht. Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielen mit Freunden. Dieses Duo steht mit beiden Beinen und allen vier Pfoten im Leben, hat Obdachlosigkeit und Krisen den Rücken gekehrt.
Geordneter Alltag
„Ich schmeiße auch meine Hausarbeit selbst“, verweist Jürgen auf den geordneten Gang der Dinge. Eine tierische Freundschaft und menschliche Zuwendung gaben neuen Halt. Er ist nicht nur ein lebendes Erfolgsbeispiel für die Sozialarbeit der Heilsarmee, sondern auch einer der ersten Stammgäste in ihrer nächsten Einrichtung: dem „Willi B.“ Dies ist der neue Name des Ladenlokals in der Hanauer Straße 80. Der Name einer Tagesstätte für Suchtkranke und Wohnungslose auf dem Weg der Besserung, benannt nach dem Heilsarmee-Gründer William Booth.
Als Lichtfigur für die darbende Bevölkerung Londons im 19. Jahrhundert gerühmt, schmückt Booth aus einem Bilderrahmen blickend nun auch in der Wilmersdorfer Ex-Kneipe die Wand. Er wacht über Spielerunden, Bibelstunden, Beratungsgespräche und Gitarrensessions.
Zehn Jahre nach Eröffnung der therapeutischen Wohneinrichtung „William-Booth-Haus“ in der Hanauer Straße 63 folgt nun also in nächster Nähe ein zweites Angebot der Heilsarmee: der Ort, an dem die Rückkehrer in die Mitte der Gesellschaft nicht nur das geordnete Leben in vier Wänden wieder lernen, sondern das für sie größte Abenteuer überhaupt: den Alltag.
Bibel statt Bier
Hier wird täglich gesunde Normalität gelebt. Beim Plaudern und Bibellesen. Vor allem beim Kochen. „Es geht für unsere Besucher darum, Selbstständigkeit zu erlernen. Und wenn die Tage wieder länger werden, wollen wir auch den ehemaligen Biergarten einbeziehen“, freut sich Seelsorger Rainer Giaretta auf den Frühling.
Eine Jahreszeit, die das „Molly Malones“ hier nicht mehr erlebt. Der Irish Pub schloss im vergangenen Herbst seine Türen – nach zehn Jahren Betrieb. Wie so vielen Berliner Kneipen hatte auch diesem Lokal eine lärmempfindliche Nachbarschaft die Zapfhähne zugeschnürt. Jetzt gilt: Bibel statt Bier. Nur Teile der Einrichtung und ein Wandbild der grünen Hügel Irlands sind geblieben, ergänzt um das Bildnis Booths.
„Frei nach dem Motto: Die Zeiten ändern sich, der Auftrag bleibt, haben wir weder Kosten noch Mühen gescheut“, erklärte Einrichtungsleiterin Irena Thurmann zur Eröffnung der Tagesstätte. Jetzt fehlt vor allem eins: die Neugier der Nachbarschaft. Denn das „Willi B.“ will nicht nur Lernort für Heilsarmee-Gäste sein, sondern auch Begegnungsstätte für Wilmersdorfer. „Alle Anwohner sind dazu eingeladen, zu schauen, was wir hier veranstalten“, hofft Seelsorger Giaretta auf Interesse. Vor Gott, vor William Booth im Bilderrahmen und dem Wandgemälde der irischen Landschaft sind eben alle gleich. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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