Rathaus als Refugium: Alter BVV-Sitz mit 500 Flüchtlingen voll belegt

Daheim im Rathaus: Eine Flüchtingsfamilie erreicht den U-Bahnhof Fehrbelliner Platz. | Foto: Thomas Schubert
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Wilmersdorf. Nur wenige Tage nach der Einquartierung von ersten Asylbewerbern durch den Arbeiter-Samariter-Bund hat sich das frühere Rathauses Wilmersdorf komplett gefüllt. Jetzt zählt umso mehr der Einsatz von Ehrenamtlichen. Und die organisieren sich im neuen Bündnis „Wilmersdorf hilft“.

Bis zur ersten Dusche verging eine ganze Woche. Und im Hof des ausgedienten Amtsgebäudes hallten Freudenschreie. Denn die Beschaffung von Feuerwehrzelten mit eingebauten Brausen war das ärgste von mehreren Übeln. Dass im Rathaus Wilmersdorf binnen weniger Tage Flüchtlinge in einer Notunterkunft Quartier bezogen, hatte im Bezirk jeden überrascht – einschließlich des Bürgermeisters: „Wir wurden von der Situation überrollt“, erklärte Reinhard Naumann bei der offiziellen Informationsveranstaltung. Man habe nach einem Beschluss des Senats schnell handeln müssen, um 500 Asylbewerber vor der Obdachlosigkeit zu bewahren.

Ohne das professionelle Handeln des Arbeiter-Samariter-Bundes und der sofort anrückenden Freiwilligen wäre der Einzug nach Naumanns Einschätzung nicht zu leisten gewesen. Und so fordert er die zuständigen Stellen beim Senat auf, dem ASB bei einer dauerhaften Vergabe der Unterkunft den Zuschlag zu geben: „Denn dieses Netzwerk trägt das Haus.“

Ein erschwerender Umstand: Der ASB-Landesvorsitzende Detlef Kühn und sein Team müssen derzeit in Vorleistung gehen und bekommen die Ausgaben erst nachträglich vom Landesamt für Gesundheit und Soziales erstattet. Zudem zahlt das LaGeSo den Akteuren des Katastrophenschutzes nur eine sehr geringe Aufwandsentschädigung von 3 Euro pro Tag. Zustände, die das Bezirksamt höchst kritisch bewertet.

Für Ärger sorgen auch einige anonyme E-Mails an den Bürgermeister, in denen sich die Absender gehässig äußern und anprangern, dass sie gegenüber den Flüchtlingen zu kurz gekommen seien. Sie würde Naumann gerne aufklären, wenn sie denn den Mut fänden, ihn in seiner Sprechstunde zu besuchen.

Weder das LaGeSo noch das Berliner Immobilienmanagement (BIM) können bisher Auskunft darüber geben, ob das frühere Rathaus am Fehrbelliner Platz auch 2016 noch als Notunterkunft beschlagnahmt bleibt. Eigentlich sollte es dann für eine Nutzung durch Landesbehörden einen Umbau erfahren. Nach Aussage der BIM-Vertreterin Birgit Möhring ist aber derzeit generell ein Umdenken im Gange, um Landesimmobilien möglichst als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen.

In diesen Tagen besuchen mobile Teams des LaGeSo die mehrheitlich aus Syrien stammenden Flüchtlinge zur Registrierung vor Ort, um ihnen das Ausharren vor der Behörde in Moabit zu ersparen. Und der Arbeiter-Samariter-Bund empfängt außerdem Besuch von Anwohnern, die Spenden bringen, mit Kindern spielen, dolmetschen oder Deutsch lehren. „Eine beispiellose Hilfe“, urteilt Kühn, nachdem er in Berlin schon sechs Notunterkünfte eröffnet hat. „Eine enorme Lust zu helfen“ bemerkt auch die stellvertretende Superintendentin Bettina Schwietering-Evers. Diese Lust hängt mit den effektiven Bemühungen von „Wilmersdorf hilft“ zusammen, einem neu gegründeten Bündnis, dem sich das bereits bekannte Netzwerk „Willkommen in Wilmersdorf“ angeschlossen hat. tsc

Wie man Flüchtlingen helfen kann, wird im Internet stets aktuell vermeldet – entweder auf der Facebook-Seite von „Wilmersdorf hilft“ oder über die Homepage http://www.berlin-hilft-lageso.de.
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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