Stolpersteine erinnern an Isidor und Laura Gotthilf

Urahn aus Israel: Uri Gotthilf liest die Innschrift der frisch verlegten Stolpersteine am Olivaer Platz. | Foto: Schubert
3Bilder
  • Urahn aus Israel: Uri Gotthilf liest die Innschrift der frisch verlegten Stolpersteine am Olivaer Platz.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Wilmersdorf. Sie verloren ihr ganzes Hab und Gut, kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Nun kehrten acht Ahnen der Gotthilfs an jenen Ort zurück, wo ihre Familie einst zu Hause war. Die Geschichte von zwei neuen Stolpersteinen am Olivaer Platz.

Langsam verliest Uri Gotthilf die Inschrift des Messings. Er liest die Namen von Isidor und Laura, ihre Lebensdaten und ihr Schicksal. Sein Blick ruht auf dem Boden. Seine Stimme ist fest.

Zwei Stolpersteine also. Zwei glänzende Gedenktafeln für seine Ahnen. Nicht größer als Uris Handflächen - aber ihre Botschaft bleibt unvergesslich. Isidor Gotthilf, geboren 1866, gestorben 1943 in Theresienstadt. Laura Gotthilf, geboren 1874, ermordet 1944 in Auschwitz, verbrachten einige ihrer glücklichsten Tage am Olivaer Platz 1/Ecke Konstanzer Straße. Sie lebten dort, bis sie Nazi-Ideologen aus dem Adressbuch strichen. Heute befindet sich an diesem Ort das Hotel Citadines. Und als die Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf Direktor David Koellner fragte, ob sie vor der Tür das Andenken an die Gotthilfs ins Pflaster hämmern dürfte, sagte er ohne zu Zögern ja.

Nun steht Koellner acht Ahnen der früheren Bewohner gegenüber. Einige leben noch in Berlin, Uri Gotthilf kam aus Israel. Und Judy Rowse, die Frau aus London, bei der im Vorfeld alle Fäden zusammenliefen, verliest in feinem britischen Englisch alte Briefe ihrer Urgroßeltern.

Nach allem, was Judy weiß, waren es bescheidene Familienmenschen. Sie aßen nur Brote mit Butter oder Marmelade, nicht mit doppeltem Aufstrich. Und sie brachten es mit solchen Tugenden zum Erfolg im Agrargroßhandel. Die Firmen- und die Wohnadresse waren gleich: Olivaer Platz 1. Doppelt schmerzlich der Verlust.

Die neuen "Stumbling Stones", sagt Judy, geben nicht Auskunft über ihre Vorfahren, sondern seien auch ein mahnendes Zeichen gegen Intoleranz, Rassismus und Xenophobie. "Ich bin sehr dankbar und froh, dass so viele Menschen gekommen sind und Anteil nehmen."

Ihr Dank gilt Monika Falkenhagen von der Stolpersteininitiative ebenso wie Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD), der von diesem Anlass "tief berührt" eine Bezirksamtssitzung verschob. Erst kürzlich habe er im Rahmen einer Städtepartnerschaftsreise nach Split erfahren, welches internationale Interesse an dem in seinem Bezirk besonders ausgeprägten Gedenkprojekt besteht. Amtskollege Ivo Baldasar habe sich offen dafür gezeigt, künftig auch in seiner Stadt Erinnerungen ins Pflaster zu graben. Und Naumann gibt sich optimistisch: "Es wäre die erste Verlegung von Stolpersteinen auf kroatischem Boden."

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 71× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 754× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 67× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.