Verein "Raupe und Schmetterling" erhält Alpha-Siegel
Der Verein „Raupe und Schmetterling – Frauen in der Lebensmitte“ unterstützt Frauen in Veränderungssituationen. Seit Kurzem signalisiert das Alpha-Siegel an der Eingangstür zur Pariser Straße 3 den Kundinnen: Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen sind hier kein Hindernis.
Zum zweiten Mal nach 2016 hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) die Auszeichnung an Berliner Einrichtungen verliehen. Das Alpha-Siegel ist eine der drei Leitaktionen der Senatsstrategie Alphabetisierung und Grundbildung „Grundbildung fördern – Teilhabe stärken“ und wird vom Berliner Grund-Bildungs-Zentrum (GBZ) umgesetzt. Die Initiative kommt nicht von ungefähr. Nach Schätzungen, basierend auf einer Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2011, können über 300 000 Berliner im Alter von 18 bis 64 Jahren zwar einzelne Wörter oder auch Sätze lesen und schreiben – nicht jedoch zusammenhängende Texte.
Teilhabe fördern
Der Verein „Raupe und Schmetterling“ in der Pariser Straße 3 ist eine von acht Berliner Institutionen, die sich seit diesem Jahr mit dem Gütesiegel schmücken dürfen. Scheeres sagte bei der Verleihung während des alljährlichen Fachtages „Mitten drin oder außen vor? – Zukunftsziel Teilhabe“ des GBZ: „Die Verbreitung des Alpha-Siegels in unserer Stadt sehe ich als einen Weg an, Erwachsenen mit geringen Schriftsprachkompetenzen die Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Zusammenleben zu ermöglichen.“
Der Verein bietet seit 35 Jahren Beratung, Information und Bildung zur Verbesserung der Arbeits- und Lebenssituation sowie der Entwicklung und Umsetzung neuer Perspektiven an. Der Fokus liegt auf beruflicher (Re-)Integration, finanzieller Absicherung, Kompetenzerweiterung und Vernetzung von Frauen. Selbstbestimmte Teilhabe am Leben ist also auch das, was der Verein ohnehin für seine Kundinnen anstrebt.
Vor diesem Hintergrund war es nur logisch, dass er sich bewarb, als die Senatorin dazu aufrief. „Viele Kriterien aus dem doch recht breiten Anforderungskatalog deckten sich mit unserem Leistungsprofil. Zum Beispiel, dass wir mit unseren Klientinnen in einfacher Sprache kommunizieren. Wir sind geübt darin, in Amtsdeutsch verfasste Schreiben zu 'übersetzen'. Die Hauptaufgabe bestand also darin, unsere Mitarbeiterinnen schnell zu den speziellen Schulungen für das Phänomen 'Funktionaler Analphabetismus' zu schicken und somit zu sensibilisieren“, sagt Bernhild Mennenga, Mitglied des achtköpfigen Leitungsteams des Vereins. Mit im Bewerberprofil hatte der Senat noch verankert, dass sich auch Betroffene möglichst selbstständig in der Einrichtung orientieren können, etwa durch Verwendung von Symbolen bei der Ausschilderung. Und so prangt eben jetzt zum Beispiel neben der Klingel des Vereins und an der Tür im ersten Stock ein roter Schmetterling.
Auf Herz und Nieren getestet
Ob „Raupe und Schmetterling“ des Alpha-Siegels würdig war, wurde dann mit einer so genannten "Lerner-Expertin" auf Herz und Nieren geprüft. „Eben eine Person mit eingeschränkten Schriftsprachkompetenzen, die versucht hat, sich bei uns zurechtzufinden“, erklärt Mennenga. Das hat sehr gut geklappt und nun hängt das Alpha-Siegel an der Eingangstür. „Wir freuen uns sehr. Das ist eine Anerkennung unserer Arbeit und ein schönes Signal an die Betroffenen. Sie sehen jetzt: Wir öffnen uns“, sagt Mennenga. Dazu sei die Auszeichnung eine Bestätigung des stets gehegten Gedankens der Inklusion. Durch die Auseinandersetzung mit dem Thema hinterfrage man sich zudem automatisch auch, wo noch Hürden gesenkt werden könnten. Für sie sei die Auszeichnung übrigens ein sehr angenehmes Dèjà-vu. "Ich habe meine Diplomarbeit zu diesem Thema geschrieben."
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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