„Es ist unfassbar, was hier geleistet wird“
Vom ersten Tag des Krieges an organisiert Modedesignerin Ewa Herzog Hilfslieferungen

Ewa Herzogs Eltern stammen aus der Ukraine. Sie selbst wuchs in Deutschland auf. 2010 gründete sie die nach ihr benannte Modemarke, die sie unter anderem in ihrem Berliner Atelier an der Düsseldorfer Straße vertreibt. | Foto: Foto: Christoph Gellert/Ewa Herzog Berlin
  • Ewa Herzogs Eltern stammen aus der Ukraine. Sie selbst wuchs in Deutschland auf. 2010 gründete sie die nach ihr benannte Modemarke, die sie unter anderem in ihrem Berliner Atelier an der Düsseldorfer Straße vertreibt.
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Ewa Herzog ist eine erfolgreiche Berliner Designerin mit ukrainischen Wurzeln. Unter eigenem Label entwirft und vertreibt sie hochwertige nachhaltige Mode. Der Überfall auf die Ukraine riss sie jedoch aus ihrem Alltag. Seit Wochen organisiert sie Hilfstransporte. Redaktionsleiter Hendrik Stein sprach mit ihr über ihr beeindruckendes Engagement.

Wie viel Raum nimmt aktuell noch die Mode in Ihrem Leben ein?

Ewa Herzog: Nach Kriegsausbruch hatte ich drei Wochen lang meine normale Arbeit auf null gestellt. Ich war nur noch damit beschäftigt, Hilfe für die Ukraine zu organisieren. Erst seit Kurzem versuche ich, wieder die Hälfte meiner Zeit in meinen Beruf zu investieren, die andere Hälfte gehört weiterhin der Ukraine-Hilfe.

Wann haben Sie für sich entschieden, dass Sie aktiv werden müssen?

Ewa Herzog: Sofort, gleich am ersten Tag des Krieges.

Wie sieht Ihre Unterstützung für die Ukraine aus?

Ewa Herzog: Wir haben zunächst Aufrufe gestartet und erst auf dem Avus-Rastplatz, jetzt in den Osram-Werken Spenden gesammelt. 40 Lkw mit über 1000 Tonnen Hilfsgütern haben wir in Richtung Ukraine geschickt. Zunächst waren das viele private Spenden, inzwischen unterstützen uns mehr und mehr Firmen, die entweder Hilfsgüter spenden oder bei denen wir mit Spendengeldern zu besonderen Konditionen Hilfsgüter einkaufen können. Dafür haben wir auch eine gemeinnützige GmbH gegründet, die EMWA Foundation. Über diese verschicken wir weiterhin Hilfsgüter, ein bis zwei Lkw pro Woche. Ansonsten betreuen wir viele Flüchtlinge hier vor Ort. Und ich kümmere mich auch um Waisenhäuser, die wir aus der Ukraine evakuiert haben, eines aus der hart umkämpften Stadt Mariupol.

Als Geschäftsfrau verfügen Sie sicher über ein großes Netzwerk. Wie sehr hat das Ihnen geholfen?

Ewa Herzog: Ich habe immer an der „Mercedes-Benz Fashion Week“ teilgenommen und so in über zehn Jahren viele Kontakte geknüpft, die ich jetzt nutzen konnte. Viele stellen mir aber auch ihre Netzwerke zur Verfügung, so beispielsweise die Stiftung AusserGewöhnlich und das Elisabethstift. Auch ganz viele kleine und große Firmen unterstützen uns. Man müsste sie eigentlich alle namentlich nennen. Es ist unfassbar, was hier geleistet wird. Der Caterer Berlin Cuisine hat ganz viel gespendet und beim Einkauf geholfen; 11 Rooms Möbel hat uns Einrichtungen für Flüchtlingswohnungen geschenkt und jetzt auch noch einen Transporter zur Verfügung gestellt, damit wir weiter Spenden einsammeln können. Und dann sind da noch Titanic Hotels, Amano, Möve, Peak Hospitality Group und viele mehr.

Überrascht Sie die große Welle der Solidarität?

Ewa Herzog: Ich weiß, dass Deutschland ein Land ist, das immer bereit ist zu helfen. Aber dass diese Solidarität so groß wird, das hat mich doch überrascht. Ich wusste, dass ich in meinem Umfeld viele hilfsbereite Menschen habe wie meine Designerkollegen Marina Hoermanseder und Dawid Tomaszewski. Die haben einfach mitgemacht. Aber plötzlich kamen auch völlig Unbekannte, die helfen wollten. Das ist sehr bewegend.

Welche Rückmeldungen erreichen Sie aus der Ukraine aufgrund Ihrer Hilfe?

Ewa Herzog: Die Menschen fühlen, dass sie nicht im Stich gelassen werden. Sie sind dankbar. Wir haben bei Lwiw ein Depot eingerichtet und dort auch ein Netzwerk aus Freiwilligen aufgebaut, die für die Verteilung sorgen und sicherstellen, dass alles in die richtigen Hände kommt.

Was wird denn derzeit dringend gebraucht?

Ewa Herzog: Ganz viele Sachen: Babynahrung, haltbare Lebensmittel, Batterien und Powerbanks, Hygieneartikel, warme Kleidung und Schlafsäcke. Aber auch Tiernahrung. Man glaubt ja nicht, was alles gebraucht wird: auch Futter für Pferde. Das alles sammeln wir derzeit in unserem Berliner Depot in den Osram-Werken an der Nonnendammallee.

Brauchen Sie auch noch helfende Hände?

Ewa Herzog: Auf alle Fälle. Besonders an Tagen, an denen wir Hilfsgüter verladen. Da brauchen wir viele helfende Hände. Die Leute können sich über Instagram melden oder telefonisch in meinem Atelier. Wir sagen dann, wann und wo sie gebraucht werden. Uns rufen derzeit so viele an, die etwas spenden möchten, eine Unterkunft zur Verfügung stellen wollen oder beim Beladen der Lkw ihre Hilfe anbieten. Das ist einfach unglaublich.

Wie blicken Sie gerade in die Zukunft?

Ewa Herzog: Hoffnungsvoll. Meine Hoffnung ist, dass dieser Krieg bald vorüber ist. Viele Flüchtlinge, mit denen ich spreche, sagen zu mir: „Bald fahren wir wieder nach Hause.“ Das ist ihre größte Hoffnung und damit auch meine.

Kontakt können Helfer und Spender über Instagram @helpforukraineberlin oder @ewaherzogberlin sowie über das Atelier unter Tel. 56 97 88 00 aufnehmen.

Autor:

Hendrik Stein aus Weißensee

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