Wichtige Stütze für geflüchtete Familien: Caritas ruft Gruppe für Väter ins Leben
Wilmersdorf. Sie zählen zu den am schwersten belasteten Menschen unserer Gesellschaft: Väter geflüchteter Familien. Die Familienberatungsstelle der Caritas in der Pfalzburger Straße trägt dem nun Rechnung und hat ein wöchentliches Treffen für arabisch sprechende Betroffene organisiert.
Psychologe Hannes Rogler ist seit gut einem Jahr in der aufsuchenden Erziehungs- und Familienberatung der Caritas tätig. Er besucht auf Anfrage die Unterkünfte von geflüchteten Familien im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Anlässlich der Info-Tour von Familiensenatorin Sandra Scheeres (SPD) berichtete er in der Unterkunft an der Eschenallee: „50 Prozent der Geflüchteten leiden unter depressiven Erkrankungen, 45 Prozent unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.“ Zu der enorm hohen Rate führe die Flucht selber, aber auch die Erlebnisse in der Heimat, die zur Flucht veranlasst hätten, erklärte Rogler.
Unsicherheit ist groß
Weitere Belastung erführen die Familien dann hier. Rogler nannte als Gründe die unsichere Zukunftsperspektive durch lange Asylverfahren mit ungewissem Ausgang, lange Verweildauer in den Notunterkünften, Unsicherheit und Unwissenheit über die gesellschaftlichen Erwartungen hierzulande sowie die unterschiedliche Geschwindigkeit der einzelnen Familienmitglieder bei der Eingliederung in das Wertesystem. „Das führt zu Konflikten“, so Rogler.
Vor besonders großen Herausforderungen stünden die Väter. „Sie leiden zusätzlich unter dem Verlust der Rolle des Ernährers und müssen mit der anderen Stellung ihrer Frauen und Töchter klarkommen. Sie sind aber gleichzeitig auch die Kontaktpersonen zu Kitas, Schulen und Ämtern“, berichtete Rogler. Doch fehlten diesen Männern die Fähigkeiten dafür. „Die haben Schlimmes erlebt, die kommen nicht mit breiter Brust hierher.“
Erstes Treffen am 12. September
Zusammen mit dem Syrer Ghadban Aboghalyoun und einem Sprachmittler leitet Rogler künftig eine wöchentliche Gruppe von arabisch sprechenden Vätern bei der Caritas in der Pfalzburger Straße 20 – zum ersten Mal am Dienstag, 12. September.
Aboghalyoun absolviert gerade bei der Ipso – einer humanitären Organisation, aktiv im Bereich der psychosozialen Betreuung und kulturellem Dialog – eine Fortbildung zum Psychosozialen Berater, der Praxisteil umfasst die Unterstützung dieser Gruppe. Er hat das durchlebt, was die Zielgruppe durchlebt hat und geht den Weg, den auch sie gehen muss: Er hat alles hinter sich gelassen und fängt in Deutschland von vorne an. Der ehemalige Schulleiter mittleren Alters berichtete, wie es den Vätern geflüchteter Familien geht: „Sie fühlen sich hier zunächst einmal als Fremde. Ihr Heimatland ist zerstört, sie haben alles verloren, zum Teil auch Familienangehörige. Sie sind daher meist in sehr schlechter Verfassung.“ Diesen Männern gelte es nun Mut zu machen, dass sie einen Neuanfang schaffen und Teil der für sie neuen Gesellschaft werden können.
Die Gruppe bei der Caritas verschafft ihnen Zeit und einen geschützten Raum, um über Themen wie Scham, Wut, Schuld und Angst zu reden, „bevor sich die destruktive Wirkung dieser Gefühle innerhalb der Familie entfaltet“, sagte Rogler. In einer Mischung aus Vorgaben und offener Gestaltung lernen die Väter außerdem viel über das deutsche Bildungssystem, den Arbeitsmarkt, die Unterschiede der Rollenerwartung und über die Rechte und Pflichten von Vätern und Müttern. „Das Interesse ist vorhanden“, sagte Rogler. Sollte es gut laufen, werde man über eine zweite Gruppe in anderer Sprache nachdenken. maz
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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