Experiment gestartet: Punktspiele ohne Schiedsrichter
Damit reagiert der Berliner Fußballverband auf Gewaltexzesse bei Spielern in den jüngsten Altersgruppen. Opfer verbaler und bisweilen auch tätlicher Angriffe sind nicht selten die Schiedsrichter. Aufgrund dieser Entwicklung trafen sich erfahrene Funktionäre im Jugendsport und Mitarbeiter der Sportverwaltungen der Bezirksämter beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in der Brandenburgischen Straße zur Fachtagung "Soziale Verantwortung für unsere Stadt - Sport als Chance gegen Jugendgewalt". Die erfreuliche Mitteilung hatte Christian Zorn von der Polizei zu verkünden: Seit 2008 ist die Jugendkriminalität in Berlin rückläufig. Das betrifft auch die Jugendgewalt, obwohl die öffentliche Wahrnehmung eine andere ist. Jugendgerichtsabteilungen werden mangels Arbeit geschlossen und ausstehende Prozesse können zügig anberaumt werden. Diesen Rückgang konnte auch der Vizepräsident des Fußballverbandes und Präventionsspezialist Gerd Liesegang bestätigen.
Dennoch ist nicht zu übersehen, dass sich dieses Problem gerade im Fußball konzentriert. Weder beim Boxen, Judo und Ringen noch beim Eishockey, Handball und Rugby, wo es oftmals härter zur Sache geht, sind tobende Eltern zu erleben, die ihre Kinder brüllend zu Körperverletzungen wie "Hau ihn weg ..." ermuntern oder gar auf das Spielfeld rennen, um den Schiedsrichtern Regelkunde zu erteilen.
Eine Ursache könnte sein, dass im Fußball schnell große Karrieren mit astronomischen Einkommen möglich sind. Auf psychologische Ursachen wies der Kriminalist Christian Zorn hin.
Oftmals sind es Kinder, die selbst Gewalt erfahren haben, und auf dem Fußballfeld sehen, dass sie sich durchsetzen können. Daraus folgern sie: "Ich lasse mir von niemand mehr etwas sagen". Die Regel schreibt aber vor, dass der Schiedsrichter das Sagen hat. Insofern ist das Experiment, ohne Schiedsrichter zu spielen auch für Christian Zorn interessant.
Oftmals sind die Schiedsrichter selbst Jugendliche, die trotz aller Schulungen auch Fehler machen. Im Berliner Fußballverband werden in jeder Saison etwa 25 000 Spiele ausnahmslos von ehrenamtlich arbeitenden Sportfreunden ausgerichtet. Etliche davon sind neuerdings so etwas wie Länderspiele, weil sich vermehrt national gesinnte Vereine gründen.
"Auf den Plätzen der Amateurvereine werden plötzlich politische Konflikte ausgetragen die Tausende Kilometer entfernt stattfinden", erläutert Gerd Liesegang eine neue Entwicklung. Dabei ist die alte noch nicht überwunden. Kinder, die die Mauer nur aus dem Museum kennen, kämpfen noch heute um die Ehre West- oder Ostberlins.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.