„Es ist schöner, gemeinsam zu gärtnern“
Laubenpieper engagieren sich für Ernährungswende
Immer mehr Menschen legen Wert darauf, dass ihre Lebensmittel aus regionaler und ökologischer Anzucht kommen – und nicht nur aus dem Supermarktregal. Sie möchten Obst und Gemüse selbst anbauen. Möglichst im eigenen Garten. Doch weil es mehr Interessenten als Gartenparzellen gibt, steht das gemeinschaftliche urbane Gärtnern auch in Charlottenburg-Wilmersdorf hoch im Kurs.
Die kleine Parzelle im Block 3 der Kleingartenkolonie Am Stadtpark macht einen verwilderten Eindruck. Das kleine Grundstück ist eigentlich der Schulgarten der Freudberg-Schule, doch die hat den großen Aufwand zur Bewirtschaftung des Gartens nicht bewältigen können. Dem Garten fehlt es an Struktur, das soll nun anders werden. An jedem Freitagnachmittag treffen sich Leute aus der Nachbarschaft, Studenten der benachbarten Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) und Gartenfreunde aus der Kolonie zu einem besonderen Projekt. Es gilt nicht nur den Garten wieder flott zu machen, vielmehr soll die Parzelle zum „Bio-Bildungs-Gemeinschaftsgarten“ werden. Das senatsgeförderte Projekt läuft unter dem Titel „Ernährungswende im Kleingarten“ und ist in diesem Frühjahr gestartet. Auch Schul- und Kitakinder sollen mit einbezogen werden. Ziel ist es, Freude und Interesse am Gärtnern zu verbreiten – mit lokalen und bescheidenen Möglichkeiten.
„Wir wollen unter anderem Anbauversuche mit wenig bekannten Gemüsesorten machen“, erklärt Gabriele Gutzmann, 1. Vorsitzende der Kleingartenkolonie am Stadtpark I. Die studierte Landschaftsplanerin möchte mit dem Projekt Menschen die Möglichkeit geben, zu gärtnern, etwas darüber zu lernen und sich mit der Kultivierung alter Gemüsesorten zu beschäftigen. Die Samen dafür werden vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung bezogen. „Wir wollen sehen, wie sich diese alten Sorten unter heutigen Bedingungen verhalten“, sagt Gutzmann.
An diesem Freitag kümmern sich zwei Frauen aus der Nachbarschaft um die Hochbeete im Garten. Die ersten jungen Tomaten- und Salatpflänzchen sind schon gesetzt. Josephine Seelbach gärtnert sehr gern und sorgt auch in ihrem Hinterhof dafür, dass es dort grünt und blüht und auch etwas geerntet werden kann. „Ich hätte gern einen eigenen Garten in der Kolonie, doch die Warteliste ist lang“, sagt sie. In dem neuen Projekt wie auch im Gemeinschaftsgarten der Kolonie hat sie die Gelegenheit, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Und eigentlich sei es schöner, gemeinsam zu gärtnern. Gabi Puzicha erhofft sich beim gemeinsamen Gärtnern den einen oder anderen Tipp für ihren Balkon. Hier hat sie Tomaten, Salat, Kräuter und Erdbeeren gepflanzt. Sie wollte sich einen kleinen Selbstversorger-Balkon schaffen. Das hätte leider nicht funktioniert. „Ich habe keinen Grünen Daumen“, bedauert sie.
An anderer Stelle graben Katja Schieritz und Fabian Boge in der Erde. Die beiden studieren an der HWR und haben dort einen Kurs über nachhaltiges Gärtnern belegt. Die Hochschule hat großes Interesse an Nachhaltigkeit. Auf einer Freifläche der HWR mit ungeliebten Abstandsgrün haben Angehörige der Bildungseinrichtung, Projektmitarbeiter und Gartenfreunde bereits eine bestäuberfreundliche Wildblumenwiese angelegt.
Um das bislang vernachlässigte Grundstück umzugestalten und für verschiedenen Nutzergruppen nutzbar zu machen, ist noch viel zu tun. Wer mit dabei sein möchte, kann freitags ab 16 Uhr zur Parzelle kommen. Sie befindet sich in der Kleingartenkolonie Am Stadtpark, Eingang zum Block 3 in der Kufsteiner Straße 22. Weitere Infos gibt es über die Homepage www.kolonie-am-stadtpark.de oder per E-Mail an gutzmann@kolonie-am-stadtpark.de.
Am Sonntag, 11. Juni, können sich interessierte Hobbygärtner im Rahmen des Langen Tages der Stadtnatur von 11 bis 15 Uhr ebenfalls über das Projekt „Ernährungswende im Kleingarten“ informieren. Ort ist der Vereinshausgarten der Kolonie, Waghäuselerstraße 10B, Block 2. Hauptthema des Nachmittags ist es, aus geerntetem Obst, Gemüse, Kräutern und mehr Limonade, Saft, Wein, Tees herzustellen.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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