Bevor die Bagger kommen
Nachbarschaftsgarten zur Zwischennutzung freigegeben
Es ist still geworden auf dem Gelände der ehemaligen Gartenkolonie „Am Stadtpark I“. Niemand werkelt in den Gärten, keiner genießt auf seiner Scholle bei sommerlichen Temperaturen den Feierabend. Im vergangenen Herbst endeten die Pachtverträge für die Gärten. Die grüne Oase soll bebaut werden. Doch bevor die Bagger kommen, wird dem 2600 Quadratmeter großem Gelände noch so etwas wie eine Galgenfrist eingeräumt.
Auf einem der Grundstücke treffen sich am Donnerstagabend Esther Knothe und Peter Palmreuther vom Verein Nachbarschafft, Florian Seitz von der Mobilen Stadtteilarbeit Wilmersdorf, Maike Weißpflug von der Nachbarschaftsinitiative Klimainsel Wilmersdorf und Paul Weihermüller von der landeseigenen Immobiliengesellschaft Berlinovo. Anlass ist die Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung. Damit ist eine Zwischennutzung für das Gelände geregelt.
Bis zum Ende des Jahres sollen die Gärten der ehemaligen Kolonie "Am Stadtpark I" für die Anwohner geöffnet werden. „Es soll ein Nachbarschaftsgarten entstehen, in dem auch Bildungs- und Kulturveranstaltungen zu den Themen Nachhaltigkeit und Stadtnatur stattfinden“, erklärt Florian Seitz. Für diesen „letzten Sommer“ hatte sich eine Gruppe aktiver Menschen stark gemacht. Mit ihrer Initiative Klimainsel haben sie sich dafür eingesetzt, dass die Gärten bis Ende November gemeinschaftlich genutzt werden können. „Es wären schade, die Gärten in ihrer letzten Saison brach liegenzulassen“, findet Maike Weißpflug. In einer verdichteten Stadt wie Berlin sei es wichtig, Räume für grüne Zwischennutzungen zu öffnen und auf die Bedeutung solcher „Klimainseln“ aufmerksam zu machen.
„Wir waren von Anfang an an einer Kooperation interessiert“, erklärt Paul Weihermüller von der Berlinovo und er versichert, dass bei dem Bauprojekt, bei dem rund 270 Wohnungen für Studenten sowie eine Kita entstehen, Klima und Ökologie eine wichtige Rolle spielen. „Es entsteht ein großer Gartenbereich und ein Dachgarten“, sagt er. Im Sinne des Schwammstadtgedankens werden zudem Möglichkeiten zum Regenwassermanagement eingesetzt. Die Berlinovo übernimmt während der Zwischennutzung die Kosten für Strom und Wasser.
Und so geht es jetzt übergangsweise weiter: Bis zur Bebauung werden die Gärten von Paten betreut und regelmäßig für gemeinsame Aktivitäten geöffnet. Jeder ist eingeladen, vorbeizukommen, mitzumachen oder den Ort einfach nur zu genießen. Veranstaltungen und Bildungsangebote zu Themen wie Umwelt und Klima sollen für die Bedeutung des Stadtgrüns sensibilisieren. Im Zentrum stehen dabei die ökologische Vielfalt der Gärten und das Erleben dieses kleinen Paradieses. Vermittelt werden soll unter anderem, welchen Wert kleine Gärten als Trittsteinbiotop für Tiere und Pflanzen haben.
„Natürlich betrachten wir das Bauvorhaben auch kritisch“, sagt Maike Weißpflug. „Es ist ein offener Konflikt. Ein wertvolles Stück Stadtgrün geht verloren. Die Bebauung wird sich spürbar auf das Stadtklima auswirken und beispielsweise in heißen Sommern die Temperaturen nach oben treiben“, sagt sie. Mit der Klimainsel soll noch einmal deutlich gemacht werden, wie wichtig grüne Oasen in der Stadt seien. „Mit diesem letzten Sommer wollen wir den einzigartigen Ort mit seinen alten Obstbäumen noch einmal richtig würdigen“, sagt Weißpflug. Am Ende der Saison wird es noch eine letzte gemeinsame Obsternte geben.
Am Dienstag, 28. Mai, wird der neue Nachbarschaftsgarten „Klimainsel Wilmersdorf“ an der Ecke Prinzregenten- und Waghäuseler Straße offiziell eröffnet. Von 14 bis 17.30 Uhr können unter anderem Saatgut und Pflanzen getauscht sowie mit Akteuren über Nachhaltigkeit und grüne Themen gefachsimpelt werden.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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