Konditorei Czerr als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet

Toni Czerr hat das Bäckerhandwerk von der Pike auf gelernt. | Foto: Konditorei Czerr
3Bilder
  • Toni Czerr hat das Bäckerhandwerk von der Pike auf gelernt.
  • Foto: Konditorei Czerr
  • hochgeladen von Matthias Vogel

Der Konkurrenz immer getrotzt, mit der Zeit gegangen, das Personal wertgeschätzt. Beim Familienunternehmen Konditorei Czerr gibt es nicht nur Backwaren – er ist auch ein Vorzeigebetrieb.

Das letzte Mal, dass Toni Czerr beruflich etwas falsch gemacht hat, ist sehr lange her. Das war am ersten Tag seiner Ausbildung in der Konditorei Senst in der Charlottenburger Schloßstraße. Der junge Toni sollte den Pflaumenkuchen aus der Produktion holen. Mehlstaub vernebelten ihm die Sicht und dann war es auch schon passiert: "Ich stand mit Schuhgröße 48 mitten im Kuchen. Hatte mich noch gewundert, warum ich hin- und herrutsche", erinnert er sich und lacht. Damals war ihm und seinem Chef nicht zum Lachen zumute, aber auf dem Absatz kehrtmachen und sich eine andere Lehrstelle suchen, kam nicht in Frage. Der Name Czerr verpflichtete schließlich. Zum Glück war der buchstäbliche Ausrutscher auf dem Pflaumenkuchen der letzte. Muss so gewesen sein, denn Toni Czerr ist heute mit 47 Jahren Konditormeister, Bäcker und Betriebswirt und leitet mit seiner Frau, Personalchefin und Filial-Managerin Katja, seit zehn Jahren erfolgreich acht Filialen der Konditorei Czerr in Wilmersdorf und Schöneberg.

In dritter Generation

Opa Kurt hatte nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft in den USA eine Bäckerei eröffnet und damit den Grundstein für das heutige Traditionsunternehmen gelegt. "1947 oder 48? Wir sind da nicht ganz klar", sagt Toni Czerr. Sein Vater Hans-Jürgen übernahm dann das Geschäft von Kurt und zog sich vor elf Jahren zurück. Acht Jahre hatte Toni da bereits im elterlichen Betrieb gearbeitet, nun schlug seine Stunde. "Wir haben den Betrieb meinen Eltern abgekauft."

Alles handgemacht

In der Berliner Straße 19 schlägt das Herz des kleinen Back-Reiches, das unter der Ägide seiner Vaters heranwuchs und sich unter der Leitung von Toni und Katja Czerr um eine weitere Filiale in der Laubacher Straße ausdehnte. Hier werkeln täglich 14 der insgesamt 70 Mitarbeiter. "Wir fahren die Filialen fünfmal am Tag an", sagt Toni Czerr. Die Standorte seien bewusst in der Nähe gewählt worden. "In einer Stunde sind wir mit der Tour durch." Der Vorteil dieses Konzeptes liegt zweifelsfrei in der Flexibilität, recht schnell können die Produktion an die Nachfrage angepasst und die Personalplanung geändert werden. Zur Hälfte stammen die Produkte aus der Bäckerei, zur anderen aus der Konditorei. Die 300 Quadratmeter große Produktionsstätte schließt sich direkt an den Verkaufsraum an. "Früher wohnten da meine Eltern, Stück für Stück haben wir dann einen Raum nach dem anderen umfunktioniert und sind so ins Gebäude hineingewachsen", sagt Czerr.

Wer dunkle Brötchen, Landkrustenbrot oder Mohntorte bei Czerr holt, kann sich gewiss sein: Die Rohstoffe sind hochwertig und naturbelassen, Fertigprodukte oder fertige Backmischungen werden nicht verwendet, alles wird selbst gebacken. Als er übernahm, habe er erst einmal die alten Rezepte weggeworfen und seine eigenen Wege beschritten, sagt Toni Czerr. Den "Dinkelweg" zum Beispiel: "Tolles Getreide mit großartigem Geschmack. Das 'Muffige', was Dinkel ja ein wenig eigen ist, haben wir mit einem speziellen Verfahren herausbekommen." Naturbäckerei sein, die Rohstoffe ihren ureigenen Geschmack entwickeln lassen ohne gleich das Bio-Siegel tragen zu müssen, das ist die Marschrichtung der Czerrs. "Grün" werden sie dennoch, die energetische Sanierung der Backstube ist in vollem Gange.

"Irgendetwas machen wir richtig, auch wenn wir nicht zu 100 Prozent wissen, was es ist", so erklärt sich Czerr, warum der Familienbetrieb stets allem Wandel und der großen Konkurrenz trotzte. Gerade nach der Wende habe es ein gewaltiges Bäckereisterben in Berlin gegeben. "Ich denke, die Kunden honorieren, wie wir den Familienbetrieb leben. Und sie wissen, dass wir selber backen."

Gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern

Der Begriff Naturbäckerei beinhaltet für Toni Czerr auch den natürlichen Umgang mit dem Personal. Viele der Kollegen, die heute noch in der Produktion Teig walken, haben im Betrieb ihre Ausbildung absolviert. Soziale Verantwortung für die Mitarbeiter und ein persönliches Verhältnis sind dem Unternehmer-Ehepaar wichtig. Deshalb haben sie auch beschlossen, eher eine Filiale zu schließen, als eine weitere zu eröffnen, selbst wenn es der Erfolg zuließe. "Ich möchte alle Mitarbeiter beim Namen kennen und am besten noch ihr Geburtsdatum wissen. Das ist jetzt schon nicht einfach", sagt der Konditormeister. Auch im Umgang mit den Auszubildenden haben Katja und Toni Czerr ein gutes Händchen. "Es bewerben sich nicht unbedingt die mit den besten Zeugnissen bei uns und es gibt genügend Probleme in der Berufsschule. Aber hier bei uns funktionieren sie wie am Schnürchen." Die Czerrs haben stets ein offenes Ohr für die Probleme ihrer Lehrlinge, stehen ihnen beratend zur Seite. "Und wir sind selten schlecht gelaunt und wenn, dann nicht für lange", sagt Czerr und lacht. Was er von seinem Engagement hat? "Loyalität", sagt er.

Bei der Arbeit Spaß haben

Weil nicht nur die fachliche Ausbildung, sondern auch die Persönlichkeitsbildung gut klappt, erhielt die Konditorei am 2. März von der Bundesagentur für Arbeit ein Zertifikat als vorbildlicher Berliner Ausbildungsbetrieb. "Bombe, wir freuen uns riesig. Auch wenn das zu unserem Selbstverständnis gehört", kommentiert Czerr die Auszeichnung. Besser werden lautet eines seiner Ziele für die berufliche Zukunft. Eine Baustelle sei sicher das Marketing. "Was wir machen ist gut, wir bekommen das aber noch nicht richtig an die Verkaufstheke transportiert." Nach und nach die Filialen weiter modernisieren, wie kürzlich die in der Paretzer Straße, ein anderes. "Und bei der Arbeit weiterhin Spaß haben", sagt er. Ob eines der drei Kinder eines Tages den Betrieb weiterführt, ist für das Ehepaar nicht das Wichtigste. Hört sich nach einem richtigen Weg an. Läge nahe, denn dass Toni Czerr beruflich etwas falsch gemacht hat, ist sehr lange her.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

7 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 863× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 378× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 710× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 784× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 356× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.