Das Berühren der Figüren …
Mit der U-Bahnlinie 2 auf Bildsäulentour zwischen Mohren- und Klosterstraße

Fritz Cremers Plastik "Der sich vom Kreuz Lösende" steht am Portal der Franziskaner-Kirchenruine am U-Bahnhof Klosterstraße. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Fritz Cremers Plastik "Der sich vom Kreuz Lösende" steht am Portal der Franziskaner-Kirchenruine am U-Bahnhof Klosterstraße.
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Diesmal möchte ich mit den Berliner-Woche-Lesern Bildwerke auf sechs Plätzen besuchen, die alle an den Stationen der U-Bahnlinie 2 liegen. Am Zietenplatz geht es los.

Dort stehen alle vier in Kriegen gefallenen Generäle des Alten Fritz. Der sorgte noch zu seinen Lebzeiten dafür, dass jeder von ihnen eine standesgemäße Marmorfigur auf dem alten Wilhelmplatz bekam. So auch der gebürtige Schotte James Keith, der im Preußenheer bis zum Generalfeldmarschall aufstieg und in der Hochkirch-Schlacht einem Säbelhieb ins Gesicht erlag. Der „Zieten aus dem Busch“ und Fürst Leopold, der alte Dessauer, Nummer fünf und sechs auf dem Zietenplatz, wurden erst lange nach des Königs Tod mit Denkmalen von Hofbildhauer Johann Gottfried Schadow geehrt. Beide hatten sie alle Schlachten überlebt, waren hochbetagt entschlafen. Alle sechs stehen, als könne sie nichts und niemand mehr von ihren Plätzen rücken. Zu Lebzeiten allesamt als Reiter unterwegs hatten sie aber auch als Standfiguren einen bewegten Lebenslauf.

Die Preußen kehren zurück

Bildhauer August Kiss erneuerte sie um 1860 in haltbarer Bronze, der ergraute Marmor kam ins Depot. Die Nazis ließen den Platz pflastern, schoben die alten Haudegen an die Seite, bevor sie dann bombensicher eingelagert wurden. Als Preußen nach 1945 sehr aus der Mode kam, durften sie im Magazin ausharren, während die lädierten Siegesallee-Monumente des nahen Tiergartens im Park des Schlosses Bellevue vergraben waren. Seit den Achtzigern saß der Alte Fritz Unter den Linden wieder zu Pferde, und so durften zum Jubiläum „750 Jahre Berlin“ auch die Generäle wieder ans Tageslicht – unter die Bäume des Lustgartens. Nun stehen sie alle wieder bei jenem U-Bahnhof, der ab 1907 bis zur Zerstörung 1945 Kaiserhof hieß, nach Neubau 1950 Thälmannplatz, ab 1986 Otto-Grotewohl-Straße – bis der zuständige Senator Herwig Haase ihn am 3. Oktober 1991 in „Mohrenstraße“ umbenannte.

Der Schwäbische Thüringer

Nahe U-Bahnhof Stadtmitte, auf dem Gendarmenmarkt ist 1871 das Schillerdenkmal aufgestellt worden, fortan hieß der Platz vor dem Königlichen Schauspielhaus nach dem Dramatiker. Wie ein Feldherr des Geistes überragt der Marmor-Schiller von Meister Begas die vier Sockelmusen, und fast nichts erinnert daran, dass in den Achtzigern ein Staatsvertrag ihn vom Lietzensee in Berlins Mitte zurückbrachte. Wussten Sie, dass die Bronzekopie des schwäbischen Thüringers schon seit über 80 Jahren im Schillerpark steht?

Der Hausvogteiplatz war das Zentrum der Berliner Konfektion, und die Tanzende Berolina beschwört den Mythos der Goldenen Zwanziger. An der U-Bahn-Treppe wird an das Ende der vielen jüdischen Modefirmen unter den Nazis erinnert.

Schutzheilige der Gärtner

Das Gertraudenhospital vor dem Teltower Tor des mittelalterlichen Cöllns ist schon viele Jahre weg, seine verbliebene Kapelle am Spittelmarkt musste in der Gründerzeit dem Großstadtverkehr weichen. Dafür labt die heilige Gertraude auf ihrer Brücke den Wandersmann und bekämpft als Schutzheilige der Gärtner stetig die Ratten- und Mäuseplage unter ihren Füßen. Es scheint fast, als sei 1907 und 1912 die kurvenreiche Streckenführung der heutigen U2 durchs Zentrum nur wegen all jener Denkmäler aus vier Jahrhunderten gewählt worden, die nahe der Bahnhöfe über die Zeiten gekommen sind. Der bronzene Zille vom Professor Heinrich Drake, der auch einmal ein Denkmal Goethes mit seiner letzten Liebe Ulrike von Leventzow für Mariebad geschaffen hat, ist neueren Datums, hat aber auch schon Umzüge und Abrisse erlebt, während der mächtige Herkules mit dem Löwen nach einer Zeichnung Schadows viele Jahrzehnte als Wächter und Namensgeber zweier Brücken Berlins diente.

Das "Graue Kloster"

Station Klosterstraße: 500 Jahre lang war das „Graue Kloster“ Schule, Gymnasium, ein Ort der Aufklärung, die gesicherte Ruine ist seit Jahrzehnten ein Ort wechselnder Ausstellungen künstlerischer Plastik. Außen stehen drei Bronzen. Es sind eine Pieta, das Motiv der Mutter, die den toten Sohn beweint, sowie eine Schutzmantelmadonna, die ihr junges Kind verbirgt, angstvoll zum Himmel blickt. Aber auch Fritz Cremers „Sich vom Kreuz Lösender“, der seinen Ehrenplatz am Kirchenportal hat.

Zuletzt noch einmal zurückgeblickt zur Wilhelmstraße: In Sichtweise der heute vor allem kunsthistorisch bedeutsamen friederizianischen Generäle bohrt sich dort an der Ecke Voßstraße seit 2011 ein 17-Meter-Stahlzeichen in den Himmel. Es formt als dünne Linie das Gesichtsprofil Georg Elsers über Straße und Bäume. Dort, wo einst der Eingang von Hitlers neuer Reichskanzlei gewesen ist. Die Ehrung eines Mannes, der 1939 im Münchner Hofbräuhaus eine Bombe zündete, die ihr Ziel nur um Minuten verfehlte.

Der Spaziergang beginnt am Sonnabend, 26. Februar, um 11 Uhr. Treffpunkt ist das Denkmal des Alten Dessauers am Zietenplatz, U-Bahnhof Mohrenstraße, Ausgang Wilhelmstraße. Teilnehmer sollten unbedingt eine Tageskarte für die U-Bahn dabei haben. Übrigens wiederhole ich die Führung am 5. März um 14 Uhr. Der Treffpunkt ist derselbe, die Teilnahme kostet sieben Euro. Anmeldung dafür unter Tel. 442 32 31. Weitere Infos auf www.stadtgaenge.de.

Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine vorherige Anmeldung erforderlich: Am Dienstag, 22. Februar, in der Zeit von 10 bis 12 Uhr anrufen unter Tel. 887 27 71 00.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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