Berliner Original verschwindet auch aus Spandau
Adieu, Litfaßsäule
Die alte Berliner Litfaßsäule verschwindet langsam aus dem Stadtbild. In Spandau hat die Firma Wall 16 von ihnen bereits abgebaut. Der Grund ist ein neuer Betreiber, der eigene Säulen aufstellt. Erhalten bleibt nur, was unter Denkmalschutz steht.
Schön bunt: So kennen auch die Spandauer ihre 91 Litfaßsäulen. Mittlerweile aber sind sie unifarben überklebt und tragen statt knallbunter Werbung Rot, Blau oder Pink. Der Grund ist kein schöner. Die klassische Litfaßsäule verschwindet aus dem Stadtbild. Eine neue Einheitssäule soll das Berliner Original bis Ende Juni ersetzen. Ein bisschen Zeit für ein Erinnerungsfoto bleibt also noch.
Vor 13 Jahren
gab es noch 2500 Litfaßsäulen
In Spandau hat die Firma Wall im Auftrag des Senats die erste Litfaßsäule bereits im Februar abgerissen. Sie stand in der Altstadt an der Havelstraße 20. Bis heute sind 16 aus Spandaus Kiezen verschwunden. Denn die Wall AG, die Berlins 2500 Litfaßsäulen erst im Jahr 2006 übernommen hatte, darf sie für Werbezwecke nicht weiternutzen und muss sie abbauen. Bei einer Ausschreibung des Senats hatte das Unternehmen seine Betreiber-Lizenz an die Ilg-Außenwerbung GmbH aus Stuttgart verloren. An allen alten Standorten stellen die Stuttgarter nun neue, beleuchtete Werbe-Träger auf. Die meisten Litfaßsäulen aus Beton lässt Wall als normale Bauabfälle entsorgen. Säulen mit Verdacht auf Eternit und Asbest werden im brandenburgischen Schöneiche sonderentsorgt.
Vom Abbau ausgenommen sind laut Senatsverkehrsverwaltung alle Litfaßsäulen, die unter Denkmalschutz stehen. Sie sollen als Kulturgut erhalten bleiben. „Zwölf Litfaßsäulen stehen bereits unter Denkmalschutz. Bei 33 weiteren Litfaßsäulen prüft das Landesdenkmalamt noch, ob sie unter den Denkmalschutz fallen“, informiert Dorothee Winden, stellvertretende Sprecherin der Senatsverwaltung.
BVV-Antrag zur Rettung
führt nicht zum Ziel
In Spandau ist das bisher bei keiner Litfaßsäule der Fall. Auch der Säule am Lutherplatz in der Neustadt wurde kein Denkmalwert zuerkannt. Laut Senatsverwaltung handelt es sich bei dieser Litfaßsäule um ein einfaches Betonmodell, errichtet zwischen 2000 und 2008 ohne Schmuckelemente oder verzierte Säulendecke. Keine gute Nachricht also für die Bezirksverordneten. Die hatten nämlich auf Antrag der Linksfraktion in ihrer April-Sitzung für den Erhalt der Neustädter Litfaßsäule als Kulturgut gestimmt. Wann genau sie abgerissen wird, konnte die Wall AG noch nicht sagen. „Für den Abbau der Litfaßsäulen gibt es keinen durchgetakteten Zeitplan, sondern nur einen Kontingent-Plan“, teilt Wall-Sprecher Christian Knappe mit. Will heißen, wo das Bauumfeld für den Abriss frei ist und genehmigte Parkverbote eingehalten werden, demontiert das beauftragte Unternehmen schneller als anderswo.
Erfinder der Litfaßsäule ist Ernst Litfaß. Der Berliner Buchdrucker erhielt 1854 die erste staatliche Genehmigung, eine Säule für Plakatflächen und Annoncen aufzustellen. Bald darauf kündigten die ersten Säulen in der Stadt Konzerte, Theatervorstellungen oder den Zirkus an. Der Vorteil: Die Drei-Meter-Säule kann problemlos 150 Mal beklebt werden, bevor die alten Schichten runter müssen.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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