„Vorbehalte und Dünkel sind fehl am Platz“
Lukas Schleusener hat den Sprung gewagt und unterrichtet nun als Quereinsteiger in einer Grundschule
Das Treffen mit Lukas Schleusener findet nach dem Unterricht statt – nicht nach dem, den er erteilt, sondern nach dem, den er als Lehramtsstudent für Grundschulen selbst bekommt. In etwa anderthalb Jahren kann er das Staatsexamen ablegen.
Parallel dazu steht der 43-Jährige aber bereits seit drei Jahren vor der Klasse. Sport ist sein Hauptfach, aber auch in Deutsch und Mathematik vermittelt er Wissen in den Klassenstufen zwei bis fünf. Lukas Schleusener ist einer der vielen Quereinsteiger, die inzwischen in Berliner Schulen tätig sind. Das Angebot, dass auch Menschen ohne Lehramtstudium in die Pädagogik wechseln können, ist aus purer Not entstanden. In Berlin fehlen noch immer viele Lehrer. Um die Lücken wenigstens einigermaßen zu schließen, werden auch Berufsfremde zum Einstieg in den Schulalltag animiert. Den Lehrermangel können auch sie bisher nicht aus der Welt schaffen, aber sie leisten einen Beitrag dazu – gerade in Spandau. Der Bezirk steht im Vergleich zu anderen beim Thema Versorgung mit Lehrkräften ganz gut da. Was auch an Quereinsteigern wie Lukas Schleusener liegt.
Er habe diese Chance genutzt, weil er schon lange das Gefühl hatte, die Arbeit mit Kindern würde ihm mehr Spaß machen als seine vorherige Tätigkeit, erzählt der Spandauer. Studiert hat er einst Sportwissenschaften und Gesundheitsmanagement und danach vor allem im Reha-Bereich gearbeitet. Teilweise gab es schon da Berührungspunkte mit Schulen. „Ich bin manchmal zu Veranstaltungen zum Thema Gesundheit eingeladen worden.“ Woraus sich auch Kontakte ergaben, die den Umstieg erleichterten.
Nach zwei Anläufen
Der gelang allerdings erst im zweiten Anlauf. Lukas Schleusener hatte Anfang 2016 eine erste Bewerbung abgeliefert, aber nie eine Reaktion darauf bekommen. Ein halbes Jahr später versuchte er es ein zweites Mal. Postwendend bekam er eine positive Rückmeldung. Der Grund für diese Diskrepanz: Beim ersten Mal hatte er das Kästchen, ob er bereits Erfahrungen für den künftigen Beruf mitbringe, auf dem Fragebogen nicht angekreuzt.
Ob jemand als Lehrer qualifiziert ist, hängt neben manchen Kenntnissen jedoch vor allem vom Praxistest ab. „Meine erste Woche war die härteste“, sagt Schleusener. So musste er gleich zu Beginn zum Beispiel erfahren, dass Kinder im Grundschulalter viel direkter, emotionaler, auch unkoordinierter agieren und dass er dem einerseits Raum geben, andererseits aber auch Grenzen setzen muss. Auch der Umgang mit positiven Rückmeldung musste eingeübt werden. Wie reagieren, wenn ein Kind sagt: „Sie sind viel netter als der Lehrer, den wir vorher hatten“?
Quereinsteiger mit zusätzlichen Erfahrungen
Apropos Kollegium. Lukas Schleusener unterrichtet an der Grundschule am Amalienhof. Dort zumindest habe er keine Vorbehalte gegen Quereinsteiger kennengelernt. Er wisse nicht einmal genau, so sagt er, wie viele es dort überhaupt gebe. Im Alltag spiele das keine Rolle. Ein Grund, warum er sich dort wohlfühle. Dass das nicht überall so abläuft, hat er auch schon mitbekommen. Vorbehalte oder gar Dünkel gegen die ursprünglich Fachfremden ist nach seiner Meinung fehl am Platz. Man könne ja auch die Gegenrechnung aufmachen. Die „Ausgebildeten“ hätten im Normalfall eine Biografie, die aus Schule, Universität und wieder Schule bestehe. Quereinsteiger könnten dagegen auf einen weiteren Beruf und damit zusätzliche Erfahrungen zurückgreifen.
Und letztendlich entscheidet sich bei der täglichen Arbeit, ob jemand als Lehrer geeignet ist. Dafür könne natürlich das eine oder andere erlernt werden, aber zum größten Teil hänge der Erfolg von der eigenen Persönlichkeit ab, meint Schleusener. Wer seine Begeisterung und den Spaß am Unterrichtsstoff auf seine Schüler übertragen kann, der ist an der richtigen Stelle. Lukas Schleusener vermittelt den Eindruck, dass das bei ihm der Fall ist.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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