Die U7 gilt als der bunteste Tunnel der Welt
Echte Kunstwerke im Untergrund
Bunte Fliesen, wuchtige Säulen, Mosaike und Keramikdekor: Einige der schönsten U-Bahnhöfe liegen in Spandau. Wer genau hinschaut, entdeckt echte Kunstwerke.
Keine Berliner U-Bahnlinie wird als so faszinierend beschrieben wie die U7 von Spandau nach Rudow. Ihre Bahnhöfe werden von Station zu Station immer bunter, reicher an Mustern und postmodernen Formen. Vor allem die sieben Stationen zwischen Siemensdamm und Rathaus Spandau sind echte Design- und Architekturkunstwerke im Untergrund. Weshalb die Bahnhöfe seit Ende 2018 auf der Liste der Berliner Verkehrsdenkmäler stehen.
Gestaltet hat den wohl buntesten Tunnel der Welt der deutsche Architekt und Baubeamte Rainer G. Rümmler. Zwischen den 1960ern und 1980er Jahren baute er die U-Bahnstrecke von Charlottenburg in Richtung Spandau aus. Für Rümmler sollte ein U-Bahnhof in erster Linie ein „unverwechselbarer Ort“ sein, weshalb er die Umgebung des jeweiligen Bahnhofs gestalterisch einfließen ließ. So erkennt der Fahrgast stets am Design, wo er gerade ist.
Großer Bunker am Siemensdamm
Das zeigt sich deutlich an der Station „Siemensdamm“. Hier stellte Rümmler klar den Bezug zur namensgebenden Firma „Siemens“ her: Die Wände verzieren Abbildungen historischer Fotos, von Maschinenbauteilen, Plantinen und Zahnrädern. Diese Nähe zur Industrie spiegelt stilistisch auch der bunt gekachelte „Rohrdamm“ wider, die nächste Station in Richtung Rathaus Spandau. Interessant am „Siemensdamm“ ist auch, dass der Bahnhof einen der größten unterirdischen Bunker Berlins verbirgt. Der Großschutzraum für etwa 4500 Personen wurde 1981 seiner Bestimmung übergeben und soll vor Trümmern, radioaktivem Niederschlag, biologischen und chemischen Kampfstoffen und Feuer schützen.
Schön bunt wird es im U-Bahnhof „Paulsternstraße“. Mit dem Design aus weiß-roten Fliesenmosaiken auf dunkelblauem Hintergrund wollte Rümmler an eine Blumenwiese erinnern. Dazu hat er die Säulen in der Mitte des Bahnsteigs als Bäume „geformt“, die an der Spitze in riesige bunte Blüten-Halbkreise aufgehen. Ihren Namen verdankt die Station einem früheren Gasthaus, das in der Nähe lag und nach seinem Besitzer „Paul Stern“ benannt war. Die U-Bahnstation sollte für Rümmler symbolisieren, was der Fahrgast damals bei der Fahrt nicht sah: Blumen, Wiesen, Bäume und den Sternenhimmel bei Nacht.
Auf bunt folgt schlicht
Der U-Bahnhof Haselhorst kommt im Vergleich zur „Paulsternstraße“ dagegen schlicht daher. Die Decken sind mit Blech verkleidet, die Säulen mit Metall – ein Hinweis auf die lokale Metallindustrie. Dafür ist die futuristische Lichtgestaltung ein echter Hingucker. Das Design der „Zitadelle“ wiederum spielt auf die Architektur der Zitadelle an. Rote Ziegelbacksteine, Eingangsportale, Stadtpläne und Fotos historischer Persönlichkeiten erinnern an die Festung aus dem 16. Jahrhundert. Selbst den Seitenbahnsteigen hat Rümmler diesen lokalen Bezug verpasst.
Auffällig imposant sind die letzten beiden Stationen der U7. Wuchtige Säulen und Eingangsportale verleihen dem Bahnhof „Altstadt Spandau“ das Flair einer Kathedrale. Rümmler wollte mit dem aufwendigen Dekor an die Nikolaikirche in der Altstadt erinnern. Besonders an dem Bahnhof ist außerdem, dass er 14 Meter tief liegt, da die Havel unterquert werden musste und die wertvolle Bausubstanz in Altstadt unbeschädigt bleiben sollte.
Fährt die U-Bahn
irgendwann ins Falkenhagener Feld?
Den krönenden Abschluss der mit 31,8 Kilometern längsten U-Bahnlinie der Stadt bildet der Endbahnhof „Rathaus Spandau“. Breite Säulen, zahllose kleine Deckenlampen, grün-goldene Dekor-Elemente auf schwarzen Granitsäulen und andere detailreiche Dekoration zeichnen den viergleisigen Bahnhof aus. Bei seiner Fertigstellung 1984 war schon eine Verlängerung der U7 in die Wilhelmstadt und der U2 aus Ruhleben ins Falkenhagener Feld geplant. Die beiden äußeren Gleisbetten stehen dafür leer und sind am Nordausgang zugemauert. An beiden Enden entstanden außerdem Tunnelstümpfe, um die neuen Strecken anschließen zu können.
Der U-Bahn-Architekt Rümmler, der seit 1953 zunächst im Hochbauamt des Bezirksamtes Spandau beschäftigt war und es über viele Karrierestationen bis zum Leitenden Baudirektor in der Berliner Senatsbauverwaltung schaffte, starb 2004 im Alter von 74 Jahren. Beerdigt ist er auf dem Friedhof In den Kisseln.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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