Phyllis Gomille nimmt die Spandauer auf eine Zeitreise mit
Echte Grazien, feine Pinkel

Verwandlung pur: Phyllis Gomille als feine Lady im Zille-Berlin.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Verwandlung pur: Phyllis Gomille als feine Lady im Zille-Berlin.
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Für die Besucher des „Spandauer Weihnachtstraum“ ist das Fotostudio von Phyllis Gomille ein echter Hot-Spot. Denn dort gibt es ganz spezielle Andenken – in Sepiafarben.

Antike Kleider, Uniformen, Gentlemenlook und Seemannskostüm, dazwischen Hüte, Taschen, Sonnenschirme und Accessoires bis unters Dach: Das kleine Fotostudio von Phyllis Gomille ist ein Paradies für Nostalgie-Fans. Hier kann jeder in die Altberliner Welt von 1900 bis 1920 eintauchen, sich als feine Dame oder junges Mädchen fühlen, zur Braut werden, sich als Gentleman geben oder in der Generalsuniform das Schwert ziehen. Phyllis Gomille setzt sie alle perfekt in Szene. Ihr Geheimnis: Die Fotografin von heute fotografiert mit der Ästhetik von gestern.

„Nostalgie Fotografie“ heißt das Zauberwort. Nun kann Phyllis Gomille nicht wirklich zaubern. Aber sie nimmt ihre Kunden mit auf eine Zeitreise. „Man kann in eine ganz andere Rolle schlüpfen. Plötzlich ist der Ehemann ein richtiger Gentleman. Oder seine Frau sieht im engen Spitzenkleid mit Häubchen und Schirm so verführerisch aus, dass er sich neu verliebt. Das ist alles schon vorgekommen“, erzählt die 32-Jährige. Bei ihr gibt es auch den Coolen mit der Pfeife, die Braut im weißen Kleid, den Altberliner Postjungen mit Tröte und cooler Weste, den Seemann mit weißem Rauschebart, die feine Lady mit seriösem Blick oder das einfache Mädchen.

"Auch die Mimik muss stimmen"

Seit zwei Jahren verdient sich Phyllis Gomille ihr Geld mit der Nostalgie-Fotografie. Sie hat ein scharfes Auge dafür, was zu einem passt. „Blonde Haare und weißes Kleid, das geht gar nicht, da fehlt der Kontrast“, sagt sie. Schließlich will man auf dem Foto ja gut aussehen. Auch die Mimik muss stimmen: Ein Lächeln, das Zähne zeigt, Freude nur andeutet oder doch lieber der ernste Blick? Phyllis Gomille probiert mit jedem (fast) alles – auch ganz spontane Reaktionen. „Da kommen meist ganz lustige Sachen bei rum, wie neulich, als der General mit Pickelhaube neben seiner Herzensdame überraschend das Schwert zieht und sie arrogant auf ihn herabblickt statt ängstlich zu gucken.“

Phyllis Gomille gefällt es zu beobachten wie sich jemand verwandelt. „Wie ganz normale Menschen plötzlich aussehen wie echte Grazien und feine Pinkel, und wie sich dann ihr Blick verändert, wenn sie das Foto sehen. Dann sind sie richtig stolz auf sich.“ Das wiederum macht sie stolz. „Ich bin ja kein Fahrkartenkontrolleur, ich will Freude bringen.“ Und Riesenspaß, den haben am Ende immer alle, egal, ob Familien, Pärchen, die Oma mit dem Enkel oder die junge Frau, die ihren Freund überraschen will.

Von der Anziehhilfe
zur Nostalgie-Fotografin

Phyllis Gomille ist eigentlich gelernte Systemgastronomin. Die historische Fotografie hat sie durch einen Zufall für sich entdeckt. Sie arbeitete als Anziehhilfe eines Nostalgie-Fotografen auf dem Gauklerfest am Opern Palais. „Da habe ich gelernt wie es geht.“ An technischer Ausrüstung braucht es nicht viel, sagt die Köpenickerin. Sie fotografiert mit einer Nikon D5100, legt über das digitale Bild dann einen Weichmacher und Sepiafarben – monochrome Fotografie nennt man das – und schon bekommt das Foto den nostalgischen Look.

In ihrem Studio auf dem „Weihnachtstraum“ hat Phyllis Gomille zwar nur sechs Quadratmeter Platz. Aber sie ist routiniert, kleidet ihre Kunden an und aus, damit die Kostüme nicht beschädigt werden, und stellt sie dann vor eine Wand mit einem Zille-Motiv vom Brandenburger Tor. Dazu ein alter Koffer wie ihn Marlene Dietrich einst besang („Ich hab’ noch einen Koffer in Berlin“), und die Zeitreise kann beginnen.

Uniform ist Leihgabe aus Köpenick

Ihre Kostüme und Accessoires hat Phyllis Gomille aus dem Fundus der Deutschen Oper, im Second-Hand gekauft oder geschenkt bekommen. „Den Matrosenanzug zum Beispiel hat mir eine ältere Dame von ihrem Bruder überlassen. Und die Zille-Uniform ist eine Leihgabe aus dem Rathaus Köpenick“, sagt die junge Frau. Eine echte Retro-Wunderkammer also, die Phyllis Gomille da hat.

Seine persönliche Zeitreise ins Jahr 1900 kann jeder noch bis zum 27. Dezember auf dem „Spandauer Weihnachtstraum“ vor dem Rathaus erleben und zwar wochentags bis 21 Uhr, freitags und sonnabends bis 22 Uhr. Phyllis Gomille nimmt fürs Foto sieben Euro.

Verwandlung pur: Phyllis Gomille als feine Lady im Zille-Berlin.  | Foto: Ulrike Kiefert
Authentisch: Phyllis Gomille vor der Zeitreise.  | Foto: Ulrike Kiefert
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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