Noch keine positiven Befunde in Spandau
Gesundheitsamt im Corona-Stress
Hunderte Anrufe, mehrere Hausbesuche und zahlreiche Untersuchungen: Das Gesundheitsamt ist im Corona-Stress. Positive Befunde gibt es im Bezirk bisher nicht. Berlin aber hat inzwischen drei bestätigte Covid-19-Fälle.
Im Büro klingelt das Telefon. Der Anrufer hat Glück. Gudrun Widders ist gerade von einem Hausbesuch zurück. Aufmerksam hört sie zu, antwortet mit ruhiger Stimme, dann legt sie auf. „Der Informationsbedarf ist groß“, sagt die Leiterin des Gesundheitsamtes. „Sehr viele besorgte Bürger rufen bei uns an.“ Die meisten erkundigen sich nach dem Coronavirus, einige haben Erkältungssymptome, andere sind aus einem Risikogebiet zurückgekehrt und fürchten sich angesteckt zu haben.
So wie die Frau aus Mailand oder die Familie aus der Lombardei. Gudrun Widders hat sie alle getestet. 14 Abstriche allein in der letzten Woche bis jetzt zum 3. März, davon vier im Hausbesuch. Insgesamt liegen dem Gesundheitsamt aus diesem Zeitraum die Befunde von 30 Untersuchungen aus Krankenhäusern oder Arztpraxen vor. Allesamt mit negativem Ergebnis. „Wir haben in Spandau zum Glück noch keine nachgewiesenen Fälle des Coronavirus“, sagt Widders. Doch das kann sich täglich, ja stündlich ändern, schiebt die Amtsärztin nach. Denn mittlerweile hat Berlin drei offiziell bestätigte Corona-Fälle in Mitte und Marzahn-Hellersdorf.
"Wir nehmen jeden Fall ernst"
Eine Frau mit verschnupfter Nase steht plötzlich im Vorzimmer. Ihr Hausarzt hat sie hergeschickt, erklärt sie Gudrun Widders. Sie hat Husten, Schnupfen und etwas Fieber. Die Amtsärztin schickt sie in Raum N119. Dort wird sie von der Frau Abstriche von Rachen und Nase nehmen, die Proben ins Labor Berlin schicken und einigen Stunden später wissen, ob sich der Verdacht des Arztes bestätigt hat. „Vermutlich nicht“, sagt Gudrun Widders. Was die Frau habe, könnten auch typische Grippesymptome sein. „Trotzdem, wir nehmen jeden Fall sehr ernst.“
Der neuartige Covid-19-Virus, genannt Coronavirus, macht vielen Angst. Mehrere Hundert Anfragen, persönlich oder telefonisch, sind beim Gesundheitsamt Spandau in den vergangen zwei Wochen eingegangen. Supermärkte melden Hamsterkäufe, in der Drogerie am Markt in der Altstadt stehen die Leute schon morgens um acht nach Desinfektionsmitteln an, und die sogenannten FFP-Atemmasken sind in vielen Apotheken ausverkauft. Auch Behörden, Ärzte und Krankenhäuser sind alarmiert und bereiten sich auf weitere Coronavirus-Infektionen in der Stadt vor.
Amtsärzten kommt entscheidende Aufgabe zu
Amtsärzte wie Gudrun Widders sind dabei entscheidend, um eine Ausbreitung einzudämmen. So gehört es zu den Aufgaben des Gesundheitsamtes, Fälle früh zu erkennen und zu isolieren, indem es im Verdachtsfall zum Beispiel eine häusliche Quarantäne verhängt und überwacht. Gudrun Widders kümmert sich auch darum, dass Proben genommen und Befunde analysiert werden. Dafür wurde im Rathaus besagter Probenraum N119 für die Rückkehrer eingerichtet. „Bis das Laborergebnis vom Abstrich vorliegt, empfehlen wir zu Hause zu bleiben, um kein Risiko einzugehen“, erklärt die Amtsärztin.
Fällt ein Labortest positiv aus, würde das Gesundheitsamt entsprechende Schritte zum Infektionsschutz einleiten. Grundlage ist dafür der Influenza-Pandemie-Notfallplan, den es bereits seit einigen Jahren gibt. Er regelt zum Beispiel den genauen Ablauf der Meldewege im Krankheitsverdachtsfall, und wie Kontaktpersonen der Erkrankten zu ermitteln sind. „Außerdem stehen wir im engen Kontakt mit dem Katastrophenschutz Spandau und dem Krisenstab des Innen- und Gesundheitsministeriums“, informiert die Amtsärztin. Letzterer beschließt weitere Schutzmaßnahmen wie etwa das Verbot von Großveranstaltungen.
Hände ordentlich waschen, auf enge Kontakte verzichten
Noch ist die Lage in Spandau übersichtlich und das Gesundheitsamt laut der Amtsärztin nicht überfordert. Aber was ist, wenn sich der Virus in Berlin so rasch ausbreitet wie in Duisburg nach dem Karneval? „Dann bräuchten wir die Hilfe anderer Behörden“, sagt Gudrun Widders. Denn die Hauptaufgabe, den Virus einzudämmen, könne das Amt in diesem Fall allein nicht mehr leisten. Vielmehr konzentriere sich der Schutz dann stärker auf Personen und Gruppen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe hätten, wie etwa Senioren in Pflegeeinrichtungen, erklärt Widders. Gleichwohl appelliert die Amtsärztin, nicht in Panik zu verfallen, sondern rät zu den üblichen Vorsichtsmaßnahmen wie etwa zum gründlichen Händewaschen nach einer Fahrt im Bus oder der U-Bahn. Außerdem gilt: auf enge Körperkontakte verzichten, beim Husten und Niesen Abstand halten, Essgeschirr oder Handtücher nicht mit anderen gemeinsam nutzen, sich wenn möglich allein oder in einem separaten Raum aufhalten und sich zu Hause auskurieren.
Nicht einfach zum Arzt gehen
Wer den Verdacht hat, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, sollte zuerst die Hotline des Senats anrufen: 90 28 28 28. Klappt das nicht, beim Hausarzt oder dem Gesundheitsamt anrufen. Die leiten dann weitere Schritte ein. Kliniken oder Ärzte sollten nicht ohne Anmeldung aufgesucht werden. Für Verdachtsfälle hat auch der ärztliche Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen eine Notfallnummer: 116 117. Mehr Infos gibt es auf der Coronavirus-Webseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unter www.116117.de/de/coronavirus.php. Empfehlungen für Rückkehrer aus Risikogebieten oder aus Gebieten mit Ausbrüchen stehen hier: www.rki.de/covid-19.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
4 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.