Erste Gedenkfeier für ordnungsbehördlich Bestattete
„Jeder Mensch hat seine Würde“
In Spandau wird am 19. Januar erstmals mit einer öffentlichen Trauerfeier der ordnungsbehördlich Bestatteten gedacht. Der evangelische Kirchenkreis richtet die Gedenkstunde in der St. Nikolai-Kirche aus. Initiiert hat sie das Bezirksamt – abgeguckt vom Nachbarbezirk Reinickendorf.
Die Spandauer wollen an diesem Tag an eine ganz besonderen Gruppe von Verstorbenen erinnern. Außer dem Todesjahr 2019 haben alle etwas gemeinsam. Sie hatten keine Angehörigen oder Familienmitglieder waren nicht auffindbar. „Dieser Menschen, die einsam gestorben sind, tot aufgefunden und ohne Angehörige beigesetzt wurden, wollen wir gemeinsam gedenken“, sagt Pfarrer Viktor Weber. „Denn jeder Mensch hat einen Namen und eine Würde.“ Der Pfarrer vom evangelischen Kirchenkreis Spandau wird die Namen der Verstorbenen bei der öffentlichen Trauerfeier in der St. Nikolai-Kirche verlesen. Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) spricht das Grußwort. Musikstücke und literarische Texte begleiten die Gedenkfeier.
Rund 180 Männer und Frauen waren es, die 2019 in Spandau ohne Familie oder Freunde „ordnungsbehördlich bestattet“ wurden. Von einer ordnungsbehördlichen Bestattung spricht man, wenn die Bestattung vom Amt beauftragt wird, der Tote also von Amts wegen und auf Staatskosten beerdigt wird. Das ist der Fall, wenn keine bestattungspflichtigen Angehörigen vorhanden sind oder nicht gefunden werden konnten. Oder auch, wenn die Angehörigen, die bestattungspflichtig sind, ihrer Pflicht nicht nachkommen oder wenn sonst niemand die Bestattung veranlasst. Was so bürokratisch klingt, muss aber nicht zwangsläufig ein würdeloser Akt sein. „Deshalb legen wir Wert auf eine öffentliche Gedenkfeier, bei der auch Freunde, Nachbarn und anteilnehmende Bürger die Möglichkeit haben Abschied zu nehmen“, so Helmut Kleebank, der die öffentliche Gedenkfeier initiiert hat. Es ist die erste ihrer Art in Spandau. Die Idee stammt aus Reinickendorf.
Bestattet wird auf altem Domfriedhof in Mitte
In Spandau ist das Gesundheitsamt für „ordnungsbehördliche Bestattungen“ zuständig. Drei Mitarbeiter kümmern sich dort um diese „Fälle“. Beerdigt werden die Verstorbenen aber nicht in Spandau, sondern auf dem Alten Domfriedhof St. Hedwig in Mitte. „Berlinweit ist damit ein Bestattungsunternehmen beauftragt“, informiert Gudrun Widders, Amtsärztin und Leiterin des Gesundheitsamtes. Muslime werden auf dem Landschaftsfriedhof Gatow beigesetzt.
Im Schnitt kostet eine ordnungsbehördliche Bestattung 140 Euro, hinzu kommen die anfallenden Gebühren, sodass sich die Kosten auf über 700 Euro summieren können. „Das hängt von der Bestattungsart ab“, sagt die Amtsärztin. Denn es kommt vor, dass der Verstorbene seinen letzten Willen in einem Testament niedergeschrieben hat, er zum Beispiel nicht verbrannt, sondern erdbestattet werden will. „An diesen letzten Willen halten wir uns.“ Auch suchen ihre Mitarbeiter sehr akribisch nach Hinterbliebenen, sagt Widders. Da sei Spandau besonders gründlich. „Nur, wenn wir sicher wissen, dass es keine Angehörigen gibt, wird eine ordnungsbehördliche Bestattung angeordnet.“ Manchmal leben Angehörige auch im Ausland oder haben den Kontakt aus familiären Gründen schon vor langer Zeit abgebrochen. „Dann prüfen wir, ob es angemessen ist, die Kosten einzufordern.“ Insgesamt bearbeiten die Mitarbeiter im Gesundheitsdienst rund 300 Fälle pro Jahr.
Die öffentliche Gedenkfeier beginnt am Sonntag, 19. Januar, um 18 Uhr in der St. Nikolai-Kirche am Reformationsplatz. Ein privater Sponsor hat sie finanziert. Solche Gedenkfeiern soll es künftig einmal jährlich zum Jahresanfang geben.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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