"Ich musste feststellen, wie unfrei die Freiheit ist"
Den Mauerfall erlebte Freyer aus der Ferne. Im November 1989 war er gerade in Wien und inszenierte hier eine Trilogie. Im ersten Moment dachte er an seine Freunde, die gerade die Flucht in den Westen geschafft hatten und bedauerte sie: "Jetzt kommen alle die Deppen rüber, vor denen sie geflohen sind." Sein zweiter Gedanke galt aber den Menschen, zu denen er seit 15 Jahren keinen Kontakt hatte und jetzt endlich wieder sehen durfte. Freyer flüchtete 1972 in den Westen.
Als Künstler hatte er in der DDR keine Chance. "Die Kunst wurde reglementiert", sagt der heute 80-Jährige. Obwohl er gleich nach seinem Studium an der Kunsthochschule Weißensee von Bertolt Brecht als Bühnenbildner an dessen Theater geholt wurde, an der Akademie der Künste Brechts Meisterschüler war und mit den großen DDR-Regisseuren wie Ruth Berghaus und Benno Besson arbeitete, entschied er sich gegen ein Leben in dem sozialistischen Staat.
"Wir Künstler waren im sozialen Netz des Ostens geschützt, aber freie Kunst konnte sich nicht durchsetzen". Akzeptiert und hochgelobt wurde nur, was regimetreu und angepasst war.
Dennoch hätte man Möglichkeiten und Wege gefunden, sich zu entfalten. Dazu gehörten illegale Ausstellungen, bei denen die Künstler ihre Arbeiten verkauften. "Aber wir wurden natürlich von der Stasi kontrolliert und wir haben uns mit diesen Ausstellungen regelrecht ausgeliefert. Nie konnten wir uns sicher sein, ob wir einen interessierten Käufer oder einen Stasi-Spitzel vor uns hatten. Und wir konnten nie laut miteinander sprechen, wenn es um politische Dinge ging", erinnert sich Freyer.
Als er 1972 wegen eines umstrittenen Bühnenbildes für eine Inszenierung am Deutschen Theater Hausverbot bekam, stand sein Entschluss fest: Er wollte in den Westen. Freyer flüchtete während eines Gastspiels des Deutschen Theaters in Florenz, wofür er das Bühnenbild entworfen hatte. Bestärkt wurde er in seinem Vorhaben letztlich durch ein Erlebnis in einem Café in Florenz: Ein Professor diskutierte lautstark mit seinen Studenten über Politik.
Nachdem er seine Familie über einen Fluchthelfer nachgeholt hatte, versuchte er in Westdeutschland als Künstler Fuß zu fassen. Er bewarb sich in der linken Theaterszene und erhielt eine Abfuhr: Mit Flüchtlingen wollte man nicht arbeiten. "Ich musste feststellen, wie unfrei die Freiheit ist."
Ein paar Jahre später, 1976, erhielt Freyer eine Professur an der Hochschule der Künste in Berlin. Er kaufte eine ehemalige Offiziersvilla in Lichterfelde und rettete das Haus vor dem Abriss. Hier im Kadettenweg richtete er sich sein eigenes Kunsthaus ein. Seine umfangreiche Kunst-Sammlung fand hier viel Platz.
Inzwischen fühlt er sich in Lichterfelde Zuhause. Auch wenn er eher selten zu Hause ist und immer noch an den großen Bühnen der Welt arbeitet. Er gründete eine Stiftung und das Achim-Freyer-Kunsthaus ist seit einem Jahr der Öffentlichkeit zugänglich. Die Mischung aus Atelier, Galerie und Museum ist ein Muss für Kunstinteressierte und Kunstschaffende - aus ganz Deutschland.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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