Vom Gesellschafts- zum Siechenhaus
Neue Informationsstele erinnert an jüdisches Sanatorium

Nina Haeberlin (links) von der Stolpersteininitiative der Markusgemeinde Steglitz und Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski enthüllen die Stele für das Sanatorium Lichterfelde.  | Foto:  Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf
  • Nina Haeberlin (links) von der Stolpersteininitiative der Markusgemeinde Steglitz und Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski enthüllen die Stele für das Sanatorium Lichterfelde.
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Eine neue Informationsstele erinnert am Jungfernstieg, Ecke Bruno-Walter-Straße an das Sanatorium Lichterfelde. Die regionalhistorische Stele informiert über die Geschichte der medizinischen Einrichtung, die von den jüdischen Ärzten Max Goldstein und Albert Lilienfeld gegründet wurde.

„Ich freue mich sehr, dass wir im Jungfernstieg 14 die mittlerweile 26. regionalhistorische Informationsstele im Bezirk der Öffentlichkeit übergeben können, die an das Sanatorium Lichterfelde und die Familie Goldstein erinnert“, sagte Kulturstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) anlässlich der Enthüllung der Stele, die von Nina Haeberlin von der Stolpersteininitiative der Markusgemeinde Steglitz initiiert wurde.

Schon seit 2008 leisten die Stelen einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur. Die mannshohen Gedenktafeln sind mit ihrem markant rotem Design zu einem Markenzeichen des Bezirks geworden. Sie decken ein breites und vielfältiges Themenspektrum ab, rücken aber immer historische Ereignisse, Orte und Persönlichkeiten ins öffentliche Bewusstsein, die in der Geschichte und Topographie des Bezirks verankert sind. Entworfen und gestaltet werden die Gedenkstelen von Karin Rosenberg. Die Texte werden von verschiedenen Autoren verfasst. Der Text für das Sanatorium stammt von Barbara Wittkopf.

Auf der Stele zum Sanatorium ist zu lesen, dass am Jungfernstieg 14 bis 1962 Reste des 1889 gegründeten Sanatoriums für Nervenkranke, innere Kranke, Suchtkranke und Erholungsbedürftige standen. Später wurde es „Sanatorium Lichterfelde“ genannt. Behandelt wurde auf Basis neuer wissenschaftlicher Therapien. Das brachte dem Sanatorium den Ruf als moderne medizinische Einrichtung ein.

Zerstört und abgerissen

Das Gebäude am Jungfernstieg ließ Wilhelm von Carstenn 1870/71 nach Plänen des Architekten Johannes Otzen als repräsentatives Gesellschaftshaus erbauen. Gedacht war es für gesellige Zusammenkünfte und Veranstaltungen in der Nähe des damals einzigen Bahnhofs in Lichterfelde. 1889 erwarben Goldstein und Lilienfeld das Haus und ließen es zum Sanatorium umbauen.

Bis 1940 wurden im Privatsanatorium Patienten des gehobenen, nicht ausschließlich jüdischen Bürgertums aus dem gesamten Deutschen Reich betreut. Bis 1939 blieb die Leitung der Einrichtung in der Hand der Familie Goldstein, 1935 übernahm Goldsteins Tochter Charlotte die Führung. Mit der zunehmenden Verfolgung durch die Nationalsozialisten entschloss sich Charlotte Goldstein zu emigrieren und das Sanatorium mit Inventar und Personal der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zu unterstellen. Das Sanatorium diente bereits seit längerem als Dauerwohnheim für Menschen, die infolge antijüdischer Politik Erwerb und Wohnung verloren hatten. Später wurde es als Siechenheim genutzt. Dort wurden jüdische Menschen nach Selbstmordversuchen sowie alte und pflegebedürftige Juden untergebracht, bis das Reichssicherheitshauptamt im Dezember 1941 die Räumung des Heimes befahl. Nunmehr wurden auf dem Areal Jungfernstieg 14 SS-Mannschaften stationiert.

Teile des Gebäudekomplexes wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Krieg wurde das Grundstück Jungfernstieg 14 treuhänderisch verwaltet, zuletzt nutzte es das Bezirksamt Steglitz. 1962 wurden die Gebäudereste abgeräumt und das Gelände neu bebaut. An Charlotte Goldstein und ihre Söhne Helmut, Max und Joachim erinnern Stolpersteine vor dem Haus Jungfernstieg 18.

Auf der Webseite des Fachbereichs Kultur unter https://bwurl.de/18qf gibt es eine Übersicht aller Stelen im Bezirk. Sie kann dort auch kostenlos heruntergeladen werden.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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