Bei Regisseur Boleslaw Barlog im Spindelmühler Weg gaben sich die Stars die Klinke in die Hand
Der Spindelmühler Weg ist eine Straße im Villenviertel Lichterfelde West. Sie verläuft zwischen Tropauer- und Ringstraße. Benannt ist sie nach einem Wintersportort im tschechischen Riesengebirge. Jahrzehntelang war die beschauliche Straße ein beliebtes Ziel für viele Stars aus Kunst und Politik.
Ihren Namen hat die Straße seit 1934. Davor war sie zweigeteilt: Körnerstraße und Schenkendorfstraße. Die unterschiedlichen Namen hatten auch ihren Grund: Bis 1934 gehörte die Körnerstraße vom Tropauer Weg bis zur Jägerndorfer Zeile zu Zehlendorf, die Schenkendorfstraße zu Lichterfelde. Die Grenze ist noch heute gut zu erkennen: Die unterschiedliche Pflasterung zeichnet eine klare Linie.
Das ist nicht die einzige Besonderheit der Straße. Von 1948 bis zu seinem Tod im Jahr 1999 lebte im Haus Nummer 7 einer der bedeutendsten deutschen Theaterregisseure – Boleslaw Barlog. Barlog war 27 Jahre lang, bis zu seiner Pensionierung, Intendant des Schlosspark Theaters. Er war es auch, der den Wiederaufbau des Theaters nach dem Krieg initiierte. Später leitete Barlog auch das Schillertheater.
„In Barlogs Haus gab sich die Prominenz aus Film, Theater und Politik die Klinke in die Hand“, sagen Wilma Gütgemann-Holtz und Wolfgang Holtz. Als Barlogs Nachbarn erlebten sie hautnah das Kommen und Gehen von Stars wie Carl Raddatz, Marianne Hoppe, Horst Buchholz, Heribert Sasse, Hildegard Knef, Bernhard Minetti, Martin Held und viele mehr.
„Spontan wurden wir des Öfteren ins Haus gerufen, wenn interessante Leute zum Tee kamen“, erzählt Wilma Gütgemann-Holtz. Einmal allerdings lehnten sie das Zusammensein ab: Inge Meisel hatte sich zum Besuch bei Barlog angemeldet. Der Theatermann bat die Familie Holtz dazu, weil er keine Lust hatte, mit der "anstrengenden" Schauspielerin allein zu reden.
Barlogs Haus war ein offenes Haus. Zumindest nach seiner Pensionierung. Vorher hielt er Adresse und Telefonnummer geheim. „Sonst wären ständig Schauspieler zu ihm gekommen, die gerade kein Engagement hatten.“
Bei Taxifahrern dürfte die Adresse Spindelmühler Weg 7 dagegen sehr wohl bekannt gewesen sein.
„In seinen Gästebüchern, die er und seine Frau Herta uns bei unserem Antrittsbesuch zeigten, fanden sich Namen wie Otto Klemperer, Herbert v. Karajan, Samuel Beckett, Mario Simmel“, erinnert sich Wilma Gütgemann-Holtz. Enge Kontakte hatte Barlog auch zu Erich Kästner, Emil Nolde und Karl Schmitt-Rottluff. Da er eine intensive Korrespondenz mit seinen Freunden pflegte, sind so einige Briefe berühmter Persönlichkeiten im Briefkasten Spindlermühler Weg 7 gelandet. Gütgemann-Holtz erinnert sich an eine Ansichtskarte von Vaclav Havel mit einem dicken roten Herz und einem Pfeil zur Briefmarke. Darauf stand: Früher war ich im Gefängnis, heute bin ich auf der Briefmarke.“
Zwischen den Ehepaaren Holtz und Barlog entwickelte sich im Laufe der Jahre eine enge Freundschaft. „Wir bereisten oft die DDR. Bei Barlogs kam der Wunsch auf, mit uns auch einmal dorthin zu fahren“, sagt Holtz. Der ersten Reise zum ehemaligen Wohnhaus von Gerhart Hauptmann in Erkner folgten noch zahlreiche Fahrten durch die ganze DDR. „Barlog wollte alle Theater sehen – von Putbus bis Weimar.“
Als Boleslaw Barlog 1999 starb, umsorgten die Nachbarn die Witwe Herta Boleslaw bis zu ihrem Tod 2006. Heute erinnert eine Gedenktafel an den berühmten Bewohner des Hauses Spindelmühler Weg 7. Eine persönliche Widmung von Barlog an seine Nachbarn Wilma und Wolfgang Holtz.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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