Eisenbahnerhäuser an der Köhlerstraße sind Denkmal des Monats Juni
Zwei Eisenbahnlinien nach Berlin waren eine wesentliche Grundlage für die Entstehung der Villenkolonie in Lichterfelde. Als Johann Anton Carstenn 1865 die hoch verschuldeten Güter Lichterfelde und Giesensdorf kaufte, war ihm der Vorteil der Schienenverbindung bewusst. Allerdings gab es auf dem Gebiet der geplanten Villenkolonie weder Haltepunkte noch Bahnhöfe. So nahm Carstenn schon bald Verhandlungen mit den Eisenbahngesellschaften auf. Mit Erfolg.
An jeder der beiden Bahnlinien wurde der Bau eines Bahnhofes bewilligt. Carstenn musste jedoch im Gegenzug den Eisenbahngesellschaften etliche Grundstücke überlassen. Eines dieser Grundstücke war das etwa 25.000 Quadratmeter große Grundstück zwischen Curtiusstraße, Jägerndorfer Zeile, Köhlerstraße und Friedrichstraße. Die Berlin-Potsdam-Magedeburger Eisenbahngesellschaft errichtete hier vier Beamtenwohnhäuser mit Stallungen.
Die Lage des Grundstücks war günstig, denn die Köhlerstraße - damals noch Bahnstraße - lag nur wenige hundert Meter von dem 1872 eröffneten Vorortbahnhof Lichterfelde - heute S-Bahnhof Lichterfelde West, entfernt.
So konnten die oft bis nach Mitternacht arbeitenden Bahnmitarbeiter in wenigen Minuten zu Fuß nach Hause gelangen.
Die Gebäude im Stil des Spätbiedermeier gehören zu den ältesten der Villenkolonie Lichterfelde. Die Häuser wurden so gebaut, dass jede Wohnung viel Tageslicht erhielt. Noch heute fallen die Häuser durch ihre Höhe auf. Im damals sehr ländlichen Lichterfelde war die viergeschossige Bauweise sehr ungewöhnlich.
In den vier baugleichen Häusern entstanden jeweils acht großzügige Mietwohnungen. Zwischen den Häusern, die kreuzförmig angelegt waren, gab es Ställe. Hier wurden Ziegen oder Kaninchen gehalten. In der Mitte des Stallkreuzes befanden sich die Abortanlagen mit vier Klosetts für jeweils ein Haus.
Die geplante Weiterentwicklung des Grundstückes wurde nie ausgeführt. Stattdessen nutzten die Eisenbahner die unbebaute Fläche von rund 20 000 Quadratmetern als Ackerfläche zur Selbstversorgung.
Die Nutzung durch Bahnmitarbeiter blieb über 100 Jahre unverändert. Auch die Gebäude selbst wurden in dieser Zeit kaum verändert. 1903 erhielt jede Wohnung ein eigenes WC im Treppenhaus, nach dem Krieg wurden Bad und Toiletten in den Wohnungen installiert. In den 1960er-Jahren sind Stallungen und Abortanlagen durch 16 Garagen ersetzt worden.
Heute befinden sich die Häuser in Privatbesitz. Pläne, anstelle der Garagen ein fünftes Wohngebäude zu errichten, wurden nicht genehmigt. Als ein Zugeständnis an zeitgemäße Wohnbedürfnisse sind aber Balkone angebaut worden.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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