Keimzelle der Suchtberatung
Erste Drogenberatungsstelle Berlins wird 50 Jahre alt
Die Drogenberatungsstelle der Caritas an der Königsberger Straße war die erste ihrer Art in Berlin. Kürzlich feierte die Einrichtung ihr 50-jähriges Jubiläum. Grund genug zurückzuschauen, aber auch einen Blick nach vorn zu wagen.
„Die Caritas-Suchtberatung in der Königsberger Straße 11 kann als die Keimzelle der Drogenberatung Berlins angesehen werden“, erklärte die heutige Leiterin Heike Nagel anlässlich des Jubiläums. Viele der Mitarbeiter hätten sich im Laufe der Zeit zu Experten entwickelt, die später eigene Einrichtungen geleitet oder ihr Wissen wissenschaftlich weiter gegeben hätten, so Nagel weiter.
In der 1970er Jahren entstand in West-Berlin eine große Drogenszene. Wirksame professionelle Hilfen fehlten. Es gab zwar Angebote für Alkoholkranke, doch die passten nicht zu den Konsumenten der „Berliner Tinke“. Das war ein Opiumgemisch, welches mit Essigsäure aufgekocht wurde. Ebenso wenig gab es Hilfsangebote für Heroinabhängige. Dieser Mangel war gewissermaßen der Startschuss für eine umfassende Drogenberatung: Psychologiestudenten begannen direkt in der bekannten Diskothek „Sound“, Beratung für Fixer und Drogenkonsumenten anzubieten. Aus diesem Studentenkreis kam zunächst der Anstoß für eine therapeutische Wohngemeinschaft und schließlich für die Gründung der ersten Drogenberatungsstelle Berlins durch die Caritas.
Die Verfilmung des international erfolgreichen Kinofilms „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ lenkte erstmals den Blick auf die dramatischen Lebenslagen von Drogenabhängigen im frühen West-Berlin und beschrieb deren Elend sehr realistisch. „Die echte Christiane F. wurde übrigens tatsächlich bei uns beraten. Interessanterweise arbeitete außerdem auch der damalige männliche Hauptdarsteller des Kinofilms seit vielen Jahren bei uns als Suchttherapeut“, erzählt Heike Nagel.
Neue Herausforderungen
Heute haben sich Abhängigkeiten und Konsum von Drogen gewandelt. Entsprechend sind auch die Herausforderungen andere: Es geht um Mischkonsum, Spiel- und Medienabhängigkeit, sicheren Konsum und auch um Belange des Kinderschutzes. Fast die Hälfte aller Beratungen im vergangenen Jahr drehten sich um Alkohol. An zweiter Stelle steht der Konsum von Cannabis. Hier nutzen insbesondere jungen Menschen (22,2 Prozent) das Beratungsangebot. Es folgen Kokain (15,5 Prozent), Opiate (7,6 Prozent) sowie Stimulantien und Sedativa (jeweils 2,7 Prozent).
„Nach der Pandemie haben wir eine verstärkte Nachfrage nach Suchtberatung registriert“, sagt Nagel. Die Belastung der Klienten werde umfänglicher. Soziale und wirtschaftliche Sorgen, die Angst vor der Klimakrise und das Kriegsgeschehen in der Ukraine hätten auch dazu geführt, dass Suchtprobleme zunähmen, erklärt sie.
Rund 1000 Ratsuchende kommen jährlich in die Suchtberatungsstelle, um Hilfe zu finden. „Leider kommen nur zehn Prozent der Menschen mit Suchtproblemen im Suchthilfesystem an“, bedauert Nagel. Daher werde zunehmend die aufsuchende Arbeit und die Online-Beratung ausgebaut. Zum Angebotsspektrum gehören auch niederschwellige Betreuungsprojekte für chronische Alkoholiker, Drogenkonsumenten, Spieler und Medienabhängige sowie Nachsorgebehandlung und aufsuchende Arbeit in Flüchtlingsunterkünften.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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