Kranoldplatz vor dem Ausverkauf?
Anwohner bangen um ihren Kiez nach Übernahme durch Großinvestor Huth

Blauer Himmel über dem Kranoldplatz: Anwohner schätzen das Angebot an Geschäften und die gute Gesundheitsversorgung. | Foto: Julia Hubernagel
2Bilder
  • Blauer Himmel über dem Kranoldplatz: Anwohner schätzen das Angebot an Geschäften und die gute Gesundheitsversorgung.
  • Foto: Julia Hubernagel
  • hochgeladen von Julia Hubernagel

Rund um den Kranoldplatz hat Harald Huth Gebäude aufgekauft. Seitdem beklagen Gewerbetreibende vermehrt massive Mieterhöhungen. Anwohner sehen nun den Kiez-Charakter gefährdet und befürchten, bald von Billiggeschäften und Filialketten umgeben zu sein. Ein erster Runder Tisch sollte Klarheit liefern. Bereits jetzt steht fest: Um den Kranoldplatz wird gekämpft.

Ruft man die Internetseite der HGHI Holding GmbH auf, wird schnell ersichtlich: Viel fehlt nicht mehr, bis Harald Huth tatsächlich der ganze Kranoldplatz gehört, wie der auch „Shopping-Center-König“ genannte Investor bereits vergangenes Jahr tönte. Einzig das Eckhaus leistet an der Ferdinandstraße noch Widerstand. In vielen Häusern, so viel ist online ebenfalls einsehbar, stehen Mieterwechsel an. Man befinde sich „in Verhandlung“ mit Gewerbetreibenden oder Arztpraxen.

Vielfalt im Kiez muss erhalten werden

Dieser Zustand bereite vielen Anwohnern Sorgen, weiß Rainer Frohloff zu berichten. Frohloff ist Gründer der Initiative WebKiez und war selbst über 40 Jahre lang als Einzelhändler im Bezirk tätig. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Vielfalt im Kiez erhalten wird“, sagt er. Höhere Gewerbemieten sorgten jedoch für das Gegenteil. „Das werden sich die kleinen Läden auf Dauer nicht leisten können und dann haben wir hier nur noch die typischen Ankermieter“, prognostiziert Frohloff.

Um das zu verhindern, hat der engagierte Lichterfelder erstmals einen Runden Tisch zum Thema veranstaltet. Neben Anwohnern und Einzelhändlern fanden sich auch Vertreter aus Politik und Verwaltung ein. Harald Huth ist der Einladung nicht gefolgt. Unter den Teilnehmenden entspannten sich schnell emotionsgeladene Gespräche. Während die HGHI Holding GmbH zur Höhe der Mieterhöhungen schweigt, bezeugten Gewerbetreibende Preise, die sich verdoppelten, oder illegitime Methoden, die Mietfläche anhand der Außenmauern zu berechnen. Anwohnerin Sabine A. wusste gar von einer geforderten Umsatzbeteiligung und von Erbschaftsklauseln, die im Todesfall Nachkommen an das Geschäft fesseln sollten, zu berichten. Dagegen müsse man doch gerichtlich vorgehen, so der Kanon am Tisch. Doch bevor die vermeintlichen Knebelverträge vorliegen, sind die rechtlichen Möglichkeiten ohnehin begrenzt. „Herr Huth kann mit seinem Eigentum machen, was er will“, gab auch Carolyn Macmillan (SPD) zu bedenken. Möglicher Rechtsbrüche ist man sich bei der HGHI Holding GmbH nicht bewusst. Es stecke kein „Masterplan“ hinter den Erhöhungen, ließ das Unternehmen auf eine Anfrage des Tagesspiegels verlauten. Auslaufende Mietverträge, die einen Mietpreis von vor 20 Jahren beinhalten, würden grundsätzlich neu verhandelt.

Unterstützung aus dem Rathaus angezweifelt

Macmillan will daher auf Dialog setzen. „Wir müssen ihm zeigen, welche Kaufkraft sich hier befindet, was wir kaufen und brauchen. Verluste will Herr Huth ja auch nicht machen“, sagt sie. Tatsächlich nimmt man im Bezirk gerade die fehlende Gesprächsbereitschaft der CDU übel. Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) hatte sich mit Investor Huth zu einem Gespräch getroffen, über die Einzelheiten jedoch Stillschweigen bewahrt. In der Bezirksverordnetenversammlung auf die Mieterhöhungen angesprochen, verwies Richter-Kotowski lediglich auf den in einer Marktwirtschaft üblichen Wettbewerb; immerhin gebe es im Gewerbebereich keine gesetzlichen Regelungen zu Mietpreisen.

Infoveranstaltung am 18. September

Doch auch die Bürgermeisterin reagiert auf die Kritik aus Lichterfelde-Ost. Am 18. September, 18 Uhr, sollen die Gewerbetreibenden bei einer Infoveranstaltung über die anstehenden Veränderungen informiert werden. „Uns ist ja allen wichtig, dass der Kiez seinen besonderen Charakter behält“, sagt der CDU-Bezirksverordnete Bernhard Lücke. Allerdings hätten „viele es hier sehr persönlich genommen“, wie Huth sich als Besitzer des Kranoldplatzes aufgespielt habe.

Anwohner und Einzelhändler bezweifeln indes, ob von Seiten der CDU Unterstützung zu erwarten ist. „Bis zum Infotermin im September wird noch viel geschehen“, sorgt sich Rainer Frohloff. Der Stadtteil will daher unbequem bleiben. „Wir müssen dokumentieren, wie sich unser Kiez durch Herrn Huth verändert, und deutlich machen, dass wir das so nicht hinnehmen“, fordert Anwohnerin Sabine A. Protestaktionen sind mittlerweile in Arbeit. Der nächste Runde Tisch ist ebenfalls in Planung.

Blauer Himmel über dem Kranoldplatz: Anwohner schätzen das Angebot an Geschäften und die gute Gesundheitsversorgung. | Foto: Julia Hubernagel
Steigende Mieten könnten die Einzelhändler vertreiben und Filialketten an ihre Stelle setzen, befürchtet man im Kiez. | Foto: Julia Hubernagel
Autor:

Julia Hubernagel aus Prenzlauer Berg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 550× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 838× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 815× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.193× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.