Kranoldplatz vor dem Ausverkauf?
Anwohner bangen um ihren Kiez nach Übernahme durch Großinvestor Huth
Rund um den Kranoldplatz hat Harald Huth Gebäude aufgekauft. Seitdem beklagen Gewerbetreibende vermehrt massive Mieterhöhungen. Anwohner sehen nun den Kiez-Charakter gefährdet und befürchten, bald von Billiggeschäften und Filialketten umgeben zu sein. Ein erster Runder Tisch sollte Klarheit liefern. Bereits jetzt steht fest: Um den Kranoldplatz wird gekämpft.
Ruft man die Internetseite der HGHI Holding GmbH auf, wird schnell ersichtlich: Viel fehlt nicht mehr, bis Harald Huth tatsächlich der ganze Kranoldplatz gehört, wie der auch „Shopping-Center-König“ genannte Investor bereits vergangenes Jahr tönte. Einzig das Eckhaus leistet an der Ferdinandstraße noch Widerstand. In vielen Häusern, so viel ist online ebenfalls einsehbar, stehen Mieterwechsel an. Man befinde sich „in Verhandlung“ mit Gewerbetreibenden oder Arztpraxen.
Vielfalt im Kiez muss erhalten werden
Dieser Zustand bereite vielen Anwohnern Sorgen, weiß Rainer Frohloff zu berichten. Frohloff ist Gründer der Initiative WebKiez und war selbst über 40 Jahre lang als Einzelhändler im Bezirk tätig. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Vielfalt im Kiez erhalten wird“, sagt er. Höhere Gewerbemieten sorgten jedoch für das Gegenteil. „Das werden sich die kleinen Läden auf Dauer nicht leisten können und dann haben wir hier nur noch die typischen Ankermieter“, prognostiziert Frohloff.
Um das zu verhindern, hat der engagierte Lichterfelder erstmals einen Runden Tisch zum Thema veranstaltet. Neben Anwohnern und Einzelhändlern fanden sich auch Vertreter aus Politik und Verwaltung ein. Harald Huth ist der Einladung nicht gefolgt. Unter den Teilnehmenden entspannten sich schnell emotionsgeladene Gespräche. Während die HGHI Holding GmbH zur Höhe der Mieterhöhungen schweigt, bezeugten Gewerbetreibende Preise, die sich verdoppelten, oder illegitime Methoden, die Mietfläche anhand der Außenmauern zu berechnen. Anwohnerin Sabine A. wusste gar von einer geforderten Umsatzbeteiligung und von Erbschaftsklauseln, die im Todesfall Nachkommen an das Geschäft fesseln sollten, zu berichten. Dagegen müsse man doch gerichtlich vorgehen, so der Kanon am Tisch. Doch bevor die vermeintlichen Knebelverträge vorliegen, sind die rechtlichen Möglichkeiten ohnehin begrenzt. „Herr Huth kann mit seinem Eigentum machen, was er will“, gab auch Carolyn Macmillan (SPD) zu bedenken. Möglicher Rechtsbrüche ist man sich bei der HGHI Holding GmbH nicht bewusst. Es stecke kein „Masterplan“ hinter den Erhöhungen, ließ das Unternehmen auf eine Anfrage des Tagesspiegels verlauten. Auslaufende Mietverträge, die einen Mietpreis von vor 20 Jahren beinhalten, würden grundsätzlich neu verhandelt.
Unterstützung aus dem Rathaus angezweifelt
Macmillan will daher auf Dialog setzen. „Wir müssen ihm zeigen, welche Kaufkraft sich hier befindet, was wir kaufen und brauchen. Verluste will Herr Huth ja auch nicht machen“, sagt sie. Tatsächlich nimmt man im Bezirk gerade die fehlende Gesprächsbereitschaft der CDU übel. Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) hatte sich mit Investor Huth zu einem Gespräch getroffen, über die Einzelheiten jedoch Stillschweigen bewahrt. In der Bezirksverordnetenversammlung auf die Mieterhöhungen angesprochen, verwies Richter-Kotowski lediglich auf den in einer Marktwirtschaft üblichen Wettbewerb; immerhin gebe es im Gewerbebereich keine gesetzlichen Regelungen zu Mietpreisen.
Infoveranstaltung am 18. September
Doch auch die Bürgermeisterin reagiert auf die Kritik aus Lichterfelde-Ost. Am 18. September, 18 Uhr, sollen die Gewerbetreibenden bei einer Infoveranstaltung über die anstehenden Veränderungen informiert werden. „Uns ist ja allen wichtig, dass der Kiez seinen besonderen Charakter behält“, sagt der CDU-Bezirksverordnete Bernhard Lücke. Allerdings hätten „viele es hier sehr persönlich genommen“, wie Huth sich als Besitzer des Kranoldplatzes aufgespielt habe.
Anwohner und Einzelhändler bezweifeln indes, ob von Seiten der CDU Unterstützung zu erwarten ist. „Bis zum Infotermin im September wird noch viel geschehen“, sorgt sich Rainer Frohloff. Der Stadtteil will daher unbequem bleiben. „Wir müssen dokumentieren, wie sich unser Kiez durch Herrn Huth verändert, und deutlich machen, dass wir das so nicht hinnehmen“, fordert Anwohnerin Sabine A. Protestaktionen sind mittlerweile in Arbeit. Der nächste Runde Tisch ist ebenfalls in Planung.
Autor:Julia Hubernagel aus Prenzlauer Berg |
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