Landschaftsgärtner Andreas Frädrich startete Urban Farming Projekt
Kartoffeln und exotisches Gemüse vom Goerzwerk-Dach
Langsam zieht der Kran einen riesigen Sack in die Höhe. Die zentnerschwere Ladung wird auf das Dach des Goerzwerkes bugsiert. In dem Sack befinden sich Saatkartoffeln, die auf dem Dach wachsen sollen.
„Hier oben ist ein Wetter wie an der See. Es ist viel wärmer und viel windiger“, erklärt Andreas Frädrich. Der ausgebildete Landschaftsgärtner betreibt einen Pflanzenverleih „plant storage“ im Goerzwerk und kam auf die Idee, in luftiger Höhe Kartoffeln, Gemüse und verschiedene Kräuter anzubauen.. Er will auf den rund 400 Quadratmetern Dachfläche testen, wie bestimmte Pflanzen unter den besonderen klimatischen Bedingungen gedeihen.
Dabei sind die meisten Sachen exotisch im Sinne von außergewöhnlich. Die Kartoffeln, die hier zukünftig wachsen sollen, kommen aus Holland. Sie wachsen auf Salzbrachland und haben eine sehr hohe Salztoleranz. Auf dem Dach zieht Frädrich die Knollen nach dem Prinzip der chinesischen Kartoffelkiste. Dabei werden die Pflanzen in bodenlose Holzkisten gesetzt und die Triebe immer wieder mit nahrhafter Erde bedeckt. Eine ganz besondere Kartoffelart wächst sonst auf den kanarischen Inseln. Sie ist sozusagen die Urkartoffel und wurde vermutlich seinerzeit von Kolumbus nach Europa gebracht. Aufgrund der Art und Weise des Anbaus könnte die „Goerzwerk-Knolle“ schon bald ein Renner in der Berliner Gourmetküche werden.
Neben den klimatischen Bedingungen muss auch der Boden für die Salz liebenden Pflanzen entsprechend hergerichtet sein. Beste Bedingungen findet das Grünzeug im Treibelsand. Das ist Seetang von der Strandreinigung als Düngerzugabe mit Sandanteilen. Den bekommt Frädrich sowohl von der Nordsee also auch der Ostsee.
„Ich dünge nur mit Seetang. Es kommt kein Fitzelchen anderer Dünger auf die Beete“, versichert Frädrich. Die Pflanzen scheinen es zu lieben: „Die stehen wie Bombe.“ Und – wie der Selbsttest ergab – schmecken außerordentlich lecker. Besonders die Salicorne oder auch Ausdauernder Queller, der praktisch nur aus fleischig verdickten Stängeln besteht, die aber angenehm salzig und saftig schmecken. Sozusagen ein frisches und gesundes Knabbergemüse, das entsprechend zubereitet bereits den Weg in die Sterneküche gefunden hat. Sehr lecker und weitgehend unbekannt ist die Agretti. Auch sie gehört zu den Sukkulenten und schmeckt salzig.
Auf die gehobene Gastronomie hofft Frädrich auch als zukünftiger Abnehmer seiner besonderen Gemüsesorten. „Wo in Berlin bekommt man schon knackfrisch geerntete Austernpflanzen, schottischen Liebstöckel, dänisches Löffelkraut, Meerkohl, Agretti oder Salzmelde?“, fragt Frädrich.
Der 50-Jährige hofft, dass sein Dachgartenprojekt in der Berliner Gastronomie Anklang findet. „Immer mehr Restaurants wollen nach dem Motto ,farme to table' möglichst frische und regionale Ware beziehen“, sagt Frädrich, der sein Projekt auch als Leuchtturmprojekt oder auch Forschungsprojekt sieht. Denn die meisten seiner Pflanzen sind unter diesen Bedingungen noch nicht getestet worden. Bisher kann Frädrich jedoch mehr als zufrieden sein: „Es ist sehr arbeitsintensiv, aber alles gedeiht sehr gut.“ Obwohl die derzeitige Hitze ihm und auch den meisten Pflanzen alles abverlangt. Aber es ist zu erkennen, dass die Salzkräuter sehr gut Hitze und Wind standhalten.
Ab Juli geht auf dem Dach des Goerzwerkes ein weiteres Pilotprojeket an den Start: In einem großen Becken mit Brackwasser werden auf dem Dach chinesische Wollhandkrabben gehalten. Das Wasser dient dann zum Wässern und als Dünger. „Wir sind die ersten die sogenanntes Aquaponik mit Salzwasser machen“, berichtet Frädrich. Er denkt auch darüber nach, künftig auch Führungen über sein Dach sowie Verkostungen der exotischen Kräuter anzubieten. „Man kann sich das sonst gar nicht so richtig vorstellen“.
Mehr Informationen gibt es unter Telefon 01522/245 32 38, per E-Mail an
info@plant-storage. com oder auf http://www.naturopolis.club/
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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