Erinnerungen: "Wir haben viel Ruß und Staub geschluckt"
Viele Mahlsdorfer kennen ihn als "Barfuß-Müller", weil er auch im strengsten Winter ohne Socken in Sandalen durch den Schnee läuft. Auch unter dem Spitznamen "Ofen-Müller" kennt man ihn. Den Namen bekam Bernd Müller für sein Steckenpferd, alte Öfen zu sammeln. Er wollte die Geschichte der beheizten Wohnung auch der nächsten Generation vermitteln.
Und nun ein Buch. Viele Menschen haben schon ihre Memoiren veröffentlicht - aber ein Schornsteinfegermeister - das ist dann doch etwas Ungewöhnliches.
Geboren wurde Bernd Müller mitten in Berlin, im Kiez an der Nikolaikirche am 8. Februar 1932. Mit 16 Jahren schmiss er die Schule, weil er unbedingt Schornsteinfeger werden wollte. "Es war ein schwerer Beruf", erklärt Müller. "Wir haben viel Ruß und Staub geschluckt und trotzdem sind viele Schornsteinfeger über 80 Jahre alt geworden." Mit Berliner Herz und vor allem Berliner Schnauze beschreibt er sein Leben in der DDR. Er schildert, wie er mit der Mutter und dem Bruder zunächst in einer Gartenlaube wohnte, weil das Geld mehr als knapp war. Auch als Schornsteinfeger war die Entlohnung nicht gerade üppig. Nachdem er 1956 seine Meisterprüfung gemacht hatte, musste er weiter mit dem Lohn eines Gesellen in Weißensee die Schornsteine fegen. "Bei einem Lohn von 194 Mark der DDR", erklärt Müller. Schon aus diesem Grunde haben viele Schornsteinfeger aufgegeben, weil sie als Pförtner oder Hausmeister besser bezahlt worden sind. Für einen Schornstein in Weißensee bekam er 45 Pfennige Kehrgebühren. Für jede Etage des Hauses kamen noch einmal 5 Pfennige dazu. In den Siedlungsgebieten gab es pro Grundstück 85 Pfennige. Bis zum Ruhestand 1997 war er für 2500 Grundstücke in Mahlsdorf, Kaulsdorf, Biesdorf und Hellersdorf zuständig.
25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer schildert Müller in leuchtenden Farben seinen größten Ausflug. Gleich nachdem die Mauer weg war, setzte er sich auf das Fahrrad und fuhr in Schornsteinfegerkluft von Berlin nach Paris. 1990 erfüllte sich Bernd Müller damit einen Lebenstraum, denn diese Fahrt wollte er schon zwei Jahre früher als seine "Friedensfahrt" machen. Aber dafür gab es keine Unterstützung der DDR Führung.
Autor:Klaus Teßmann aus Prenzlauer Berg |
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