Kreatives Mutter-Sohn-Duo
Susanne und Justin Jura entwickeln und vertreiben Spiele im Alexsa-Verlag
Dass die Menschen am Tisch sitzen und gemeinsam etwas machen, das sei das Schöne an Spielen, sagt Susanne Jura. „Man hat Spannung, hat die Chance zu gewinnen und gönnt auch anderen den Sieg, wenn man sich mag“, sagt die Mahlsdorferin. Im Leben der 66-Jährigen dreht sich fast alles um Spiele, vor allem um selbstentwickelte.
Seit 33 Jahren betreibt sie eine Spielewerkstatt. Dort repariert sie unter anderem historische Puppen. Zudem können bei ihr auch Puppenkleider gekauft werden. Sie hängen auf Wäscheleinen, die quer durch den Raum gespannt sind. Wer Susanne Jura in ihrem kleinen Laden am Hultschiner Damm 132 besucht, wird schon am Gartenzaun auf die Spieleentwicklerin aufmerksam. Seit Mitte März ist dort ein alter Zigarettenautomat mit Münzeinwurf zu finden. Dort kann für vier Euro zum Beispiel ein Kartenspiel, Würfelspiel oder Memory im Zigarettenschachtelformat erworben werden, alle mit selbstgestalteten Motiven.
Die Bühnenbildnerin, die einst Kunst studiert hat und noch heute kleine Kunstwerke fertigt, zeichnet sie zunächst auf Papier, scannt diese dann ein, um sie anschließend mit einem Grafikprogramm am Computer fertigzustellen. Da taucht dann zum Beispiel der Hauptmann von Köpenick als Bube, Marlene Dietrich als Dame oder der Berliner Bär als König auf den Spielkarten auf.
2017 hat Susanne Jura, die früher auch Kinderbücher geschrieben und Illustriert hat, gemeinsam mit ihrem jüngeren Sohn Justin den Alexsa-Verlag gegründet, benannt nach dessen russischer Frau. Zunächst war dieser als Buchverlag gedacht. Der 33-Jährige, der bis 2018 fünf Jahre lang mit seiner Frau in Russland gelebt und als Übersetzer gearbeitet hat, wollte sich damals auf Literaturübersetzungen vom Russischen ins Deutsche konzentrieren. Bis auf ein zweisprachiges Märchenbuch wurde daraus jedoch nichts. Stattdessen fokussierten sich Mutter und Sohn schon bald auf die Entwicklung, Gestaltung und Herausgabe von Karten-, Würfel- und Gesellschaftsspielen für Kinder und Erwachsene. Besonders wichtig war und ist den beiden vor allem, ungewöhnliche und originelle Spielkarten zu entwerfen sowie neue Spielideen für Jung und Alt zu entwickeln.
80 Spiele hat Susanne Jura laut eigener Aussage bis heute selbst kreiert. Dazu gehören neben den Illustrationen auch eine gute Geschichte, eine ansprechende Verpackung und verständliche Spielregeln, die keine Fragen aufwerfen. Viele Arbeitsstunden sind dafür jeweils nötig. Ihr bisher erfolgsreichstes Spiel ist „MiniPilo“, das sie 2010 herausgebracht hat. „Ein komplexes und kurzweiliges Karten-, Würfel- und Kommunikationsspiel für real-utopische Träumer aller Altersstufen, dies es noch immer für möglich halten, dass unsere Welt zu retten ist“, heißt es im Werbekatalog des Verlags. Dabei bauen die Spieler eine Welt ohne Geld auf, wie es Susanne Jura beschreibt. Entstanden sei „MiniPilo“ aus ihrer Verzweiflung heraus über die Unvernunft der Menschen und die Allmacht des Geldes in der Welt.
Die Ideen für weitere Spiele gehen ihr nicht aus, wie sie betont. „Meine Mutter hat schon Spiele erfunden, und die haben wir in der Familie mit wachsender Begeisterung gespielt“, blickt sie zurück. „Meine Eltern sind beide kreativ gewesen. Es war eine sehr kreative Atmosphäre, in der ich aufgewachsen bin.“ Das hat auch auf die übernächste Generation abgefärbt. So hilft Susanne Juras älterer Sohn immer wieder mit, testet beispielsweise die Spiele in der Entstehungsphase. Viel Geld hat sie mit ihren Spielideen allerdings bisher nicht verdient. Und ein richtiger Kassenschlager war bisher auch noch nicht dabei. „Dieses Vermarktungstalent habe ich nicht. Ich gebe mich nicht solchen Illusionen hin“, sagt sie dazu. „Für mich ist der Genuss da, wenn das Spiel fertig vor mir liegt.“
Justin Jura arbeitet jedoch daran, dass die Spiele nach und nach über Amazon verfügbar werden. Noch in diesem Jahr will er zudem sein selbstentwickeltes und selbstillustriertes Brettspiel „Trains of Europe“ auf den Markt bringen und über die Online-Plattform verkaufen. Es handelt sich um ein Wirtschaftsstrategiespiel. Dabei schlüpft der Spieler in die Rolle eines Geschäftsführers eines Eisenbahnunternehmens und versucht, sich die wichtigsten Bahnstrecken in Europa zu sichern, um Städte und Menschen zu verbinden und mit Waren zu versorgen. Auf die Idee dazu kam er Anfang 2020 während seiner Ausbildung zum Lokführer bei der Deutschen Bahn, als er wegen der Corona-Pandemie monatelang im Homeoffice verbrachte. Er glaubt fest daran, dass sein Spiel eine Fangemeinde finden wird. „Es gibt viele eingefleischte Eisenbahnspieler“, so seine Beobachtung. Bei der großen Spielemesse in Essen vor zwei Jahren habe er „Trains of Europe“ erstmals vorgestellt und gleich etliche Exemplare verkauft. Das Spiel habe dort großen Anklang gefunden.
Weitere Informationen gibt es im Internet auf alexsa-verlag.de.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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