Unrecht auf Straßenschildern: Umbenennungen stammen aus der Nazi-Zeit
Die Benennung von Straßen hat meist weltanschauliche Hintergründe und ist oft hochpolitisch. Die reihenweise Umbenennung von Straßen in Mahlsdorf durch die Nazis im Mai 1938 war ein Akt der Umsetzung nationalsozialistischer Rassenpolitik.
Die Straßenschilder wurden am 16. Mai 1938, also vor 80 Jahren, ausgetauscht. Aus der Meyerbeerstraße wurde die Friesacker Straße, aus der Mendelssohnstraße die Landvogtstraße, aus der Offenbachstraße der Pfalzgrafenweg. Insgesamt betraf es fünf jüdische Komponisten und den Künstler Max Liebermann im Mahlsdorfer Siedlungsgebiet. In Kaulsdorf betraf es zwei Heinrich-Heine-Straßen, die neue Namen erhielten.
Die Straßenumbenennungen erfolgten im Rahmen einer groß angelegte Aktion in ganz Berlin. Sie wurden nach Aufforderung durch den damaligen Berliner Oberbürgermeister Julius Lippert, einem NSDAP-Mitglied, in den Bezirken umgesetzt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, während der DDR und nach der Wiedervereinigung gab es auch um Bezirk zahlreiche Straßenumbenennungen. Die Straßenumbenennungen vom Mai 1938 wurden nicht rückgängig gemacht. Lediglich Hinweisschilder mit Texten zu den Umbenennungen 1938 wurden 1995 an die aktuellen Straßenschilder angebracht.
Der damalige Hellersdorfer Bürgermeister Uwe Klett (PDS) benannte am 8. Mai 1995, dem 50. Jahrestag der Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschlands, die Landvogtstraße wieder in Mendelssohnstraße symbolisch zurück. Ein Bündnis „Kein Vergessen“ machte sich für die dauerhafte Rückbenennung der Straßen stark. Entsprechende Anträge der PDS-Fraktion fanden jedoch keine Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung. Anwohner der Straßen hatten sich gegen die Umbenennungen gewehrt. Sie wollten, meist aus praktischen Gründen, keine Änderung ihrer Adressen. Das war auch das Hauptargument, mit dem sich die anderen Fraktionen in der BVV den Vorstößen der PDS verweigerten.
Außerdem wäre eine Rückbenennung aller Straßen nicht möglich gewesen. Das Berliner Verwaltungsgesetz verbietet, einen Straßennamen doppelt zu vergeben und die meisten Straßen hatten schon ihr Pendant in anderen Bezirken. Lediglich der Name des jüdisch-französischen Komponisten Jacques Offenbach (1819-1880) war für eine Straßenbenennung in Berlin frei.
Da sich die Anwohner des Pfalzgrafenweges weiter gegen eine Rückbenennung wehrten, wurde in der BVV 2006 der Kompromiss gefunden, wenigstens irgendeine Straße oder einen Platz im Bezirk nach dem Komponisten neu zu benennen. Der Beschluss wurde aber erst 2014 mit der Benennung des Platzes am Kreisverkehrs in der Hönower Straße zum Jacques-Offenbach-Platz umgesetzt. Auch hier wird mit einem Hinweisschild an die Straßenumbenennungen im Mai 1938 erinnert.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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