Handwerk im Wandel
Metallwerkstatt stellt sich immer wieder neuen Herausforderungen
Die Welt ist im Wandel und mit ihr das Berufsleben. Im Handwerk gibt es noch so etwas wie Familienunternehmen. In Mahlsdorf zum Beispiel die Familie Tiedt, die in der vierten Generation an der Flora-Straße eine Metallbau-Werkstatt betreibt.
Die Werkstatt besteht in diesem Jahr seit 90 Jahren. Sie wurde wahrscheinlich im April 1929 von Albert Tiedt (1890-1968) an der Florastraße 12 eröffnet. Das wissen Enkel Dietrich, geboren 1948, und Urenkel Ronald, geboren 1981, jedenfalls so aus Familienerzählungen.
Das Jubiläumsjahr steht im Zeichen von Veränderungen. Der 70-jährige Dietrich Tiedt plant, die Werkstatt an seinen Sohn zu übergeben und sich in den Ruhestand zurückzuziehen. Diesen wird er wahrscheinlich an der Ostsee verbringen, wo seine zweite Frau ein Haus besitzt. „Dann mal auf Besuch nach Mahlsdorf zurückzukommen, wird auch ganz schön sein“, sagt er. Mahlsdorf bleibe dennoch seine Heimat.
Der Firmengründer Albert Tiedt war als jungen Mann aus Anklam nach Berlin gekommen. Seine eigene Firma gründete er in Mahlsdorf ausgerechnet im Jahr des Beginns der Weltwirtschaftskrise 1929. Aber der Bedarf an Blecharbeiten war groß und die Firma hatte in den besten Zeiten bis zu 17 Mitarbeiter. Viele Aufträge gingen zum Bau von Badeöfen ein, die damals noch mit Kohle beheizt wurden. Auch Sohn Gerhard (1917-1985) lernte Klempner, musste aber schon mit 17 zum Reichsarbeitsdienst und gleich danach Soldat werden.
Erst nach dem Krieg, 1947, konnte er seinen Meister machen und bald darauf beginnen, seine eigene Firma in Kreuzberg aufzubauen. Täglich pendelte er vom Ostrand der Stadt in den Westen. Zweimal zog er mit Familie kurzzeitig um, ging aber wieder zurück. „Wir hatten doch sonst alles in Mahlsdorf“, erklärt Sohn Dietrich.
Mit dem Pendeln zwischen Wohnung und Firma war nach dem Mauerbau am 13. August 1961 Schluss. Gerhard Tiedt stieg wieder bei der Firma seines Vaters ein und übernahm diese nach dessen Tod 1968. Die Firma verdiente inzwischen auch mit speziellen Metallarbeiten wie für Bühnenbilder und Requisiten für die Staatsoper und andere Theater oder Fahnenspitzen aus Kupfer für den Staat und Massenorganisationen Geld.
Sohn Dietrich lernte zunächst Elektromonteur und baute im EKL Lichtenberg Starkstromanlagen. Er arbeitete von 1975 bis 1980 auch als Theatertontechniker beim Erich-Weinert-Ensemble in Biesdorf. Die Firma seines Vaters übernahm er mit dessen Tod im August 1985. Seine vorherigen Berufserfahrungen zahlten sich für die Firma aus. So stellte diese nach der Wende auch Gestelle für Maschinenanlagen großer Autohersteller her.
Auch die Erfahrungen mit Bühnentechnik flossen in die Geschäftsfelder der Firma ein. Der Bühnen- und Messebau ist sogar das Hauptfeld der Geschäftstätigkeit geworden. So baute Sohn Ronald mit an dem großen „Platzhirsch“, den die Firma Jägermeister zu Veranstaltungen wie dem jährlichen Open Air-Musik-Festival in Wacken aufstellen lässt. Unter anderem entwickelte er auch das Modell eines „Smokers“, eines Barbecue-Ofens, den er auch selbst herstellt. Mit Badeöfen, wie zum Anfang der Firmengeschichte, ist kein Geld mehr zu verdienen.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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