Ein Ausflug zum ältesten Flugplatz der Welt
Als Lilienthal im Sommer 1893 die Gaststätte Herms im havelländischen Stölln betrat, war er überzeugt, eben diesen Ort gefunden zu haben. Denn der nahe gelegene Gollenberg erfüllte laut Lilienthals Aufzeichnungen alle nötigen Voraussetzungen für seine Tests: "... ein nach allen Seiten abfallender sandiger Hügel von wenigstens 20 Metern Höhe, der den Absprung nach jeder Richtung gestattet. Zwischen Rathenow und Neustadt an der Dosse liegt ein Landstrich, das sogenannte Ländchen Rhinow, welches die gewünschten Berge in großer Auswahl enthält." Hier führte Lilienthal fortan seine Flugversuche durch, die ihn bis zu 250 Meter weit brachten. Doch der Traum vom Fliegen wurde dem Pionier der Lüfte schließlich auch zum Verhängnis. Am 9. August 1896 geriet Lilienthal am Gollenberg in eine sogenannte "Sonnenbö" und stürzte aus rund 15 Metern ab. Er wurde zunächst in die Gaststätte Herms und dann nach Berlin gebracht, wo er einen Tag später seinen schweren Verletzungen erlag.
All das und vieles mehr erfährt man heute im Lilienthal-Centrum in Stölln. Der benachbarte Flugplatz ist heute noch in Betrieb und gilt somit als der älteste der Welt. Doch nicht nur in geschichtlicher, sondern auch in kulinarischer Hinsicht eignen sich Stölln und der Gollenberg als tolles Ausflugsziel für die ganze Familie. Denn die Gaststätte Herms gibt es immer noch. Sie heißt heute "Zum 1. Flieger" und bietet den Besuchern unter anderem das vom einstigen Stammgast Otto Lilienthal so geliebte Bauernfrühstück und die Kartoffelsuppe. Für die Kleinen gibt es nur einige hundert Meter entfernt das Langstreckenflugzeug Iljuschin IL-62 zu bestaunen. Und wer sein Herz fliegen lassen möchte, ist ebenfalls richtig, denn die Maschine fungiert gleichzeitig als Standesamt. Die eigentlichen Hauptakteure in Sachen Flugkünste, die Störche, sind zwar um diese Zeit schon unterwegs nach Süden, kehren aber im nächsten Frühjahr sicher wieder nach Stölln zurück. Nachweislich war es ihr faszinierender Gleitflug, der Lilienthal zu seinen intensiven Studien und Flugversuchen animierte. Die Ergebnisse findet man zusammengefasst in seinem bahnbrechenden Hauptwerk von 1889: "Der Vogelflug als Grundlage für die Fliegekunst."
Nach Stölln gelangt man am besten mit dem Pkw, zum Beispiel auf der B5 über Spandau, Wustermark und Nauen. Hinter Nauen bei Friesack links auf die L 17 nach Gollenberg/Stölln abbiegen. Alternativ kommt man mit dem Regionalexpress RE 4 von Spandau bis Rathenow, die übrigen 20 Kilometer lassen sich mit dem Fahrrad oder wochentags mit dem Bus 687 nach Stölln Dorf und rund einen Kilometer Fußweg meistern.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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