Bei Motorrädern mit 200 PS fährt die Elektronik mit
Im Jahr 1999 war Schluss mit der Selbstbeschränkung. Das freiwillige 100-PS-Limit der Motorradbranche fiel, und das Wettrüsten begann.
Zwar nur im kleinen Maßstab, denn die Klasse der Supersportler hat am Motorradmarkt nur einen Anteil von 6,8 Prozent, und nur ein Bruchteil davon leistet mehr als 150 PS. Doch die 200-PS-Grenze fällt bei immer mehr Modellen. Ab dieser Saison gibt es fünf Superbikes, die sie reißen: Aprilia RSV4 RR, Ducati 1299 Panigale, Yamaha YZF-R1, Kawasaki Ninja H2 und die BMW S 1000 RR, bei der die Zeitschrift "Motorrad" 206 Pferdestärken gemessen hat.
"Nicht alle Supersportler haben 200 PS, so viel Leistung finden Sie nur bei wenigen Motorrädern in der Top-Liga", erklärt Achim Kuschefski vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz). Deren wesentlicher Vorteil sei das relativ geringe Gewicht um die 200 Kilo oder weniger. Dadurch sind sie sehr dynamisch und doch leicht zu handhaben. Dabei seien sie nicht schneller als andere Supersportler, denn Leistung und maximale Beschleunigung werden elektronisch begrenzt. "Der Reiz liegt in der Kraftreserve", so der ifz-Leiter.
"Die Elektronik überwacht alle Fahreingriffe", sagt Kuschefski. In den unteren Gängen wird die Leistung stark abgeregelt, anders wären die Maschinen nicht zu beherrschen. "Das passiert sanft, so dass der Fahrer es kaum mitbekommt." Dennoch sollte jeder Pilot – egal ob mit 20 oder 200 PS – seinem Fahrzeug mit Respekt gegenübertreten.
Auch Reiner Brendicke vom Industrie-Verband Motorrad (IVM) sieht als integralen Bestandteil der Entwicklung den intensiven Einsatz von Assistenzsystemen. Die Supersportler seien Produkte, bei denen die Industrie zeigt, was technisch möglich ist. "Die Assistenzsysteme bedeuten mehr Sicherheit und machen einen situationsangepassten Einsatz der hohen Leistung möglich." So lasse sich mit den Supersportlern täglich zur Arbeit fahren.
"Die hohe PS-Zahl ist nebensächlich. Entscheidender ist ein hohes Drehmoment", sagt Ruprecht Müller, Motorradexperte beim ADAC. Wenn Drehmomentverlauf und Gesamtabstimmung des Antriebs stimmen, sei es unerheblich, ob er 150, 180 oder 200 PS hat. "Nur wer ständig auf der Rennstrecke im oberen Drehzahlbereich unterwegs ist, wird das Leistungsplus spüren." Trotz der Assistenzsysteme sollten Fahrer besonnen bleiben: "Euphorie am Gas ist ungesund", warnt Müller.
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
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