Carbon erobert die Autos von der Stange
Bei CFK handelt es sich in der Regel um Kunststoff, der pyrolysiert wird, erläutert Professor Lutz Eckstein, Leiter des Instituts für Kraftfahrzeuge (IKA) an der RWTH Aachen. Was nach der Hitzebehandlung übrig bleibt, ist eine Kohlenstoffstruktur mit hoher Festig- und Steifigkeit.
"Der Trend geht grundsätzlich zum Leichtbau, dazu gehört auch CFK", sagt BMW-Sprecher Cypselus von Frankenberg. Zudem würden die Sicherheitsanforderungen an Autos höher, dem könne man mit Carbon gerecht werden, ohne beim Auto Zusatzgewicht zu verursachen. Und bei Mercedes heißt es: "Die Verwendung von CFK-Teilen ist Bestandteil unserer Leichtbaustrategie."
Eckstein macht einen Trend zum verstärkten Einsatz von CFK aus: "Ein wesentlicher Treiber sind die CO2-Emissionsziele." Denn werden die Fahrzeuge leichter, verbrauchen sie weniger Sprit, damit stoßen sie weniger Schadstoffe und Kohlendioxid (CO2) aus. Gegenüber Aluminium, einem Metall, mit dem etwa Audi seine Leichtbauweise stark vorangetrieben hat, ist CFK laut dem Experten nochmals um 20 Prozent leichter. Im Vergleich mit Stahl ist es nur halb so schwer.
Ein weiterer Vorteil sind die sogenannten Sekundäreffekte, die Klaus Drechsler, Professor am Lehrstuhl für Carbon Composites der Technischen Universität München, sieht: "Bei geringerer Fahrzeugmasse genügen kleiner dimensionierte Bremsen, und kleinere Motoren bringen die gleichen Fahrleistungen."
Einen Vorteil bietet Carbon auch bei Elektroautos. "Die Masse der Batterie ist ein Stück weit kompensierbar", sagt Eckstein. Mit sinkendem Gewicht steigt die ohnehin dürftige Reichweite der E-Mobile - oder die teure Batterie kann kleiner dimensioniert werden.
Auch auf die Werkstattbesuche bei Karosserieschäden hat Carbon Auswirkungen. "Die Reparatur ist zum Beispiel bei Stahl weniger komplex", erläutert Eckstein: "Im Falle von CFK ersetzt man ganze Teile, um einen optimalen Faserverlauf zu bewahren." Die Folge: Die Reparatur wird teurer. Auf der anderen Seite ist das Auto danach wieder im 1-A-Zustand. Bei Stahl kann das anders sein.
Dass sich Carbon bislang bei Serienfahrzeugen nicht durchgesetzt hat, liegt an der Fertigung, die oft noch Handarbeit voraussetzt. Laut Eckstein gibt es aber vielversprechende Automatisierungsschritte. Drechsler erwartet, dass sich die Werkstoffkosten in den nächsten fünf Jahren halbieren werden. Bei den Prozesskosten, die sowohl Fertigung und Logistik umfassen, erwartet er sogar einen Rückgang von 90 Prozent.
Eckstein prognostiziert, dass der Einsatz stark vom Fahrzeugsegment abhängen wird. Er erwartet, dass CFK den Sportwagenbereich bald dominieren wird. Hersteller wie McLaren, Bugatti oder Lamborghini machen es schon vor und fertigen Autos weitgehend aus Carbon.
Im Premium-Segment werde sich eine Hybridbauweise durchsetzen, bei der ein Materialmix aus CFK, Aluminium und Stählen zum Einsatz komme. Etwa Mercedes verfolgt die Strategie: Das richtige Material am richtigen Ort. "Komplette CFK-Fahrzeuge sehen wir nicht als generelle Lösung", sagt Sprecherin Andrea Häussler. Auch bei BMW ist die Hybridbauweise das Mittel der Wahl. Branchengerüchten zufolge plant der Hersteller beim für 2015 erwarteten neuen 7er Teile wie Motorhaube, Kofferraumdeckel oder die Türen aus Carbon zu fertigen, was rund 100 Kilogramm Gewichtsersparnis bringt.
Bei kleineren Autos mit geringeren Gewinnmargen wird das Thema Leichtbau laut Eckstein vorwiegend aber durch die günstigere Stahl-Blech-Schalenbauweise oder Aluminium als Außenhaut umgesetzt. Ähnlich sieht das Drechsler: "In der Großserie werden wir keine komplette CFK-Karosserie sehen." Eine Mischbauweise ist schon aus Gründen der Crash-Sicherheit vonnöten: Einige Fahrzeugteile sollen sich bei einem Unfall verformen - das ist bei Carbon nicht der Fall.
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.