Ein Riese verschwindet
Am Heizkraftwerk Scharnhorststraße wird der 150 Meter hohe Schornstein abgetragen
Noch ist er von Weitem zu sehen, der Schornstein vom Heizkraftwerk Scharnhorststraße. Bis zum Sommer jedoch wird das zweithöchste Bauwerk in Mitte Meter für Meter abgetragen.
Bereits seit Mai haben Experten das sogenannte Futtermauerwerk im Innern des stillgelegten Schornsteins vom Berliner Heizkraftwerk Scharnhorststraße entfernt. Jetzt startet der Abriss des Betonschaftes von außen. Wer noch einen Schnappschuss von Mittes zweithöchstem Bauwerk machen will, sollte sich beeilen. Bis zum kommenden Sommer wird der alte Schornstein schrittweise abgetragen. Ein spezielles Verfahren soll die Arbeiten besonders geräuscharm machen.
Die zuständige BEW Berliner Energie und Wärme AG setzt dafür nach eigenen Angaben auf ein innovatives Verfahren, um Lärm und Staub so weit wie möglich zu reduzieren. So soll ein spezieller Abbruchbagger auf dem Schornsteinschaft platziert werden. Der "knabbert" den Schornstein mit einer Hydraulikzange von oben ab. Das abgebrochene Material fällt in kleinen Stücken im Betonschaft nach unten und wird dann abtransportiert. Pro Tag soll der 150 Meter hohe Schornstein so rund einen Meter schrumpfen.
Im Herbst 2023 hatte die BEW im Zuge der Modernisierung des Standortes bereits zwei neue und mit 35 Metern deutlich niedrigere Schornsteine in Betrieb genommen worden. Das BEW-Heizkraftwerk in der Scharnhorststraße versorgt den Kiez und wichtige Institutionen wie die Charité, das Bundeswehrkrankenhaus und das Bundeswirtschaftsministerium sowie das Naturkundemuseum mit Fernwärme. Aber auch das Neubauquartier am Hauptbahnhof und das Brunnenviertel in Wedding holen sich vom Heizkraftwerk an der Scharnhorststraße die Wärme ab. Und es unterstützt als Spitzenlastkraftwerk bei Kälte unter sieben Grad das Heizkraftwerk Mitte in der Köpenicker Straße bei der Wärmeversorgung der Hauptstadt.
Das Heizkraftwerk Scharnhorststraße wurde 1979 unter anderem für die Fernwärmeversorgung der Charité erbaut. Das Heizkraftwerk Mitte ging 1964 in Betrieb. Das Heizkraftwerk sollte das Haus des Lehrers und das Haus des Reisens, den Fernsehturm, den Palast der Republik und das DDR-Staatsratsgebäude mit Wärme und Strom versorgen. Der Entwurf stammte von Dietrich Zimbal und der Bauabteilung des VEB Energieprojektierung. Zuerst wurde das Kraftwerk mit Schweröl befeuert, ab 1982 dann mit Erdgas. Nach der Wende wurde es 1992 stillgelegt und ein neues Heizkraftwerk gebaut. Der verbleibende Bauteil des ehemaligen Heizkraftwerkes beherbergt heute unter anderem den Techno-Club Tresor. Unter dem Namen „Kraftwerk Berlin“ werden die großen Räume des Kraftwerksbaus heute für diverse Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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