Lückenbüßer unter Denkmalschutz
Berlin würdigt Plattenbauten in Spandauer Vorstadt
Plattenbauten haben keinen besonders guten Ruf. In der Spandauer Vorstadt aber wurden jetzt 28 von ihnen unter Denkmalschutz gestellt. Zum Beispiel an der Linienstraße und an der Torststraße.
Das Landesdenkmalamt hatten in Mitte großflächig Plattenbauten aus den 1980er Jahren unter Schutz gestellt. In dieser Zeit sei die behutsame Erneuerung der historischen Stadt international zum Leitbild einer neuen Bau- und Planungspraxis geworden, erklärt Christoph Rauhut, Direktor des Landesdenkmalamtes die Entscheidung. "Nur in Berlin haben wir das große Glück, dass sich herausragende Bauprojekte aus Ost und West an einem Ort erhalten haben. Dieses gemeinsame Erbe zu erhalten und zu vermitteln ist eine besondere Aufgabe und Verantwortung."
Die insgesamt 28 Wohn- und Geschäftshäuser stehen in der Spandauer Vorstadt an der Münzstraße, Torstraße, Linienstraße, Neuen Schönhauser und Alten Schönhauser Straße und an der Dircksenstraße. Mit dem Siegel des Denkmalschutzes können sie nicht abgerissen werden.
Anders als in Marzahn oder Hellersdorf entstanden die Plattenbauten in Mitte nicht auf der "grünen Wiese". Geplant vom Ostberliner Büro für Städtebau füllten sie zwischen 1984 und 1989 zahlreiche Baulücken, die zumeist aus dem Zweiten Weltkrieg stammten. Damit wurde der historische Stadtgrundriss mit seinen geschlossenen Straßenräumen in weiten Teilen wiederhergestellt, würdigt das Landesdenkmalamt die Plattenbauten im Nachgang. Mit ihren Ladengeschäften und sozialen Einrichtungen in den Erdgeschossen hielten die Neubauten in Ostberlin zudem Angebote bereit, die der Internationalen Bauausstellung zur gleichen Zeit im damaligen Westteil der Stadt weitgehend verwehrt blieben.
Gebaut haben die sogenannten Altstadtplatten Planungskollektive und Baukombinate. Die Baumaterialien stammten aus den Bezirken der DDR, die zum Auf- und Ausbau Ostberlins verpflichtet waren. Während die Bezirke wegen der Konzentration auf die Hauptstadt viele Nachteile in Kauf nehmen mussten, entstand dank ihres Engagement in der Spandauer Vorstadt eine DDR-Vorzeigevielfalt an modernen Neubauten – mit Bädern, Balkonen und Heizungen statt Kohleöfen. "In ihrer Gesamtheit belegen sie anschaulich den neuen gesellschaftlichen, politischen und planerischen Stellenwert der historischen Innenstadt als historisch, kulturell und sozial geprägtem Raum", so das Landesdenkmalamt.
Die unter Schutz gestellten Plattenbauten in der Spandauer Vorstadt gehören der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBM. Wegen ihrer attraktiven Lage, Architektur und durchdachten Grundrisse würden sie sich heute großer Beliebtheit erfreuen, berichtet WBM-Geschäftsführer Lars Dormeyer.
Das Land Berlin hatte zuletzt die Plattenbauten im Wohnquartier "Wilhelmstraße" unter Schutz gestellt. Das war im September 2021. Den Berlinern blieb damit bezahlbarer Wohnraum erhalten. Das Plattenbau-Ensemble hat zwischen Voßstraße und Behrenstraße knapp 1100 Mietwohnungen.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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