Vater der Weltzeituhr ausgezeichnet
Der Designer Erich John hat das Bundesverdienstkreuz für Berlins berühmtesten Treffpunkt erhalten
Die Weltzeituhr auf dem Alex ist seit 52 Jahren Design-Ikone und vom ersten Tag an beliebter Treffpunkt für Menschen aus aller Welt. Jetzt wurde ihr Gestalter Erich John (89) für sein Meisterwerk mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.
Sie ist Berlins berühmteste Zeitmaschine und steht seit 2015 unter Denkmalschutz. Ausgedacht und entworfen hat diese komplexe Anlage der Industrie-Formgestalter Erich John. Er gilt als einer der bedeutendsten Designer der DDR und ist sozusagen der Luigi Colani des Ostens. John hat viele Konsum- und Industriegüter gestaltet. Dazu gehören zum Beispiel auch die Schreibmaschine „Erika“ und der Elektrorasierer „Bebo Sher“.
Für Bausenator Sebastian Scheel (Die Linke) ist das Bundesverdienstkreuz für Erich John „auch eine Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen, die ihren Platz im wiedervereinigten Deutschland haben müssen“, wie er bei der Verleihung sagte. Erich John habe „mit seinen besonderen Leistungen auf dem Gebiet des industriellen Designs und der Formgebung der Weltzeituhr als für den Alexanderplatz prägnantes Symbol ein weithin bekanntes gestalterisches Erbe erschaffen“.
Zeit schert sich nicht um Grenzen
Johns Familie musste nach dem Zweiten Weltkrieg ihre böhmische Heimat verlassen. Der 89-Jährige hat es vom Hilfsarbeiter zum Industriedesigner gebracht. Seit 1965 lehrte Erich John Kunststudenten an der Kunsthochschule Weißensee das Designhandwerk. Bis 1992 war er dort Dozent. Als die DDR-Oberen zum 20. Republikgeburtstag mit einem hochmodernen sozialistischen Platz protzen wollte, wurden auch die Formgestalter 1968 um Ideen gebeten. Johns Konzept griff die alte Urania-Säule auf, die früher auf dem Alex stand und 1966 dort ausgebuddelt wurde. Wie er sagt, sollte seine Säule ein Treffpunkt werden wie die Linde in seinem nordböhmischen Heimatdorf, wo er sich als Kind mit seinen Freunden versteckte. Die Botschaft einer Weltzeituhr, die die Zeit in allen Weltregionen anzeigt, haben die Auftraggeber wohl zum Glück nicht verstanden. „Ich wollte die Entstehung der Zeit darstellen und nachweisen, dass die Zeit sich nicht um Grenzen schert. Die Mauer ist nur ein Staubkorn in der Geschichte", sagte Erich John zum 50. Geburtstag der berühmten Weltzeituhr 2019 in einem Spiegel-Interview. Die zehn Meter hohe Weltzeituhr wurde am 30. September 1969 anlässlich des 20. Geburtstages der DDR auf dem Alexanderplatz eingeweiht.
Auf einer Säule dreht sich ein mit geätzten Aluminiumplatten verkleideter, farbig emaillierter Zylinder, der in 24 Segmenten Länder der Erde schematisch geografisch darstellt und die Uhrzeiten wichtiger Städte anzeigt. In der Rotunde sind die Namen von 146 Städten eingefräst. Die über dem Zylinder auf rotierenden Metallkreisen angebrachten Kugeln symbolisieren die Planeten auf ihren Bahnen. Damit wollte John darstellen, dass die Weltzeit aus dem Weltall kommt. An der Säule hängen auch vier runde Uhren. Der Boden unterhalb der Stahlkonstruktion wurde mit einem Mosaik in Form einer Windrose gestaltet. Der Bau der berühmten Uhr dauerte damals neun Monate. An dem Projekt waren insgesamt 120 Fachleute beteiligt. Noch heute treibt ein umgebautes Trabant-Getriebe den Stundenring an. 1997 wurde die Weltzeituhr für rund 230.000 Euro unter der Verantwortung von Hans-Joachim Kunsch saniert.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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