Zukunft immer noch ungewiss
Eigentümer und Bezirksamt verhandeln über Habersaathstraße
Fast 60 Obdachlose wohnen jetzt an der Habersaathstraße. Bleiben können sie bis Mitte April. Eigentümer und Bezirksamt ringen im Rechtsstreit über den Abriss um einen Vergleich.
Nach der erneuten Besetzung der Habersaathstraße 40 bis 48 Ende vergangenen Jahres wohnen nun 59 obdachlose Menschen in den leeren Wohnungen. Bleiben können sie wie berichtet bis Mitte April. Solange duldet der Eigentümer die Obdachlosen noch und so ist es mit dem Bezirksamt vereinbart.
Die fehlenden Rauchmelder und Feuerlöscher für den Brandschutz hat laut Bezirksamt eine Hertha-Fan-Initiative gespendet. Im Haus hat außerdem der Träger „Neue Chance“ ein Büro bezogen. Bürgermeister Stefan von Dassel (Grüne) hatte darüber bereits die Bezirksverordneten auf ihrer Januar-Sitzung informiert. Der Träger berät die Bewohner, wie eine Rückkehr ins „normale“ Leben möglich sein könnte, so von Dassel. Auch die Initiative „Leerstand Hab-ich-Saath“ vermittelt zwischen Obdachlosen und den Behörden.
Die anfallenden Kosten für die Unterbringung streckt das Bezirksamt vor. Laut Bürgermeister werden 3,50 Euro pro Quadratmeter für Strom und Wasser fällig. Die müssten die Obdachlosen allerdings erstatten, sofern sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Eine Bedingung für den Einzug in die leeren Wohnungen war, dass sich alle im Sozialamt melden. Da nicht alle Bewohner aus Mitte kommen, hatte das Bezirksamt Kontakt mit den jeweiligen Bezirken aufgenommen. Bis auf Reinickendorf hätte man inzwischen mit allen Bezirken ein Verfahren zu den offenen Zuständigkeitsfragen gefunden, informiert der Bürgermeister.
Wie es mit dem Gebäude mittelfristig weitergeht, ist aber nach wie vor nicht geklärt. Der Bezirk und der Eigentümer streiten sich seit Jahren vor Gericht. Die Arcadia Estates will das Haus abreißen lassen, um dort ein neues Wohnhaus zu bauen. Von Luxuswohnungen ist die Rede. Der Bezirk hat die Abrissgenehmigung bislang verweigert und stattdessen ein Verfahren wegen Leerstand eingeleitet. Das musste auf dringende Empfehlung des Berliner Verwaltungsgerichtes jedoch eingestellt werden, so Stephan von Dassel.
Ringen um einen Vergleich
Um den Rechtsstreit um die Abrissgenehmigung zu beenden, verhandelt der Eigentümer mit dem Bezirksamt über einen gerichtlichen Vergleich. Der sieht vor, dass im Falle eines Neubaus 30 Prozent der Mietwohnungen „sehr kostengünstig“ beziehungsweise für maximal 7,92 Euro pro Quadratmeter angeboten werden müssen und das Bezirksamt das Vorschlagsrecht für die Belegung dieser Wohnungen hat. „Theoretisch könnten so die jetzt im Gebäude befristet untergebrachten obdachlosen Menschen in den Neubau zurückziehen“, so der Bürgermeister. Den Altmietern wiederum soll eine großzügige Abfindung angeboten werden. „Oder sie ziehen in Umsetzwohnungen um und dürfen nach Fertigstellung in den Neubau zurück, bezahlen aber weiterhin die bisherige kostengünstige Miete.“ Außerdem sollen die Wohnungen im Neubau zehn Jahre lang davor geschützt sein, in Eigentumswohnungen umgewandelt zu werden. „Ein sehr gutes Angebot“, sagt Stephan von Dassel. „Aber natürlich ist der Abriss eines sanierungsfähigen Gebäudes, auch wenn es erhebliche Mängel beim Brandschutz gibt, aus Klima- und Ressourcenschutzgründen nicht zu vertreten.“ Doch würde der Bezirk vor Gericht verlieren, hätten die Eigentümer völlige Handlungsfreiheit. „Ein echtes Dilemma.“
Die Initiative "Leerstand-Hab-ich-Saath" feiert derweil den erfolgreichen Einzug der Obdachlosen und will den Abriss der Habersaathstraße „auf keinen Fall zulassen“.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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