800 Jahre Stadtgeschichte:
Grabungen am Molkenmarkt förderten zahlreiche Funde zu Tage
Seit 2019 graben sich Archäologen auf dem Molkenmarkt durch die Berliner Geschichte. Jetzt gaben sie einen Einblick in den aktuellen Stand der Grabungen.
Auf dem Molkenmarkt soll ein neues Quartier entstehen. Die Arbeiten in der historischen Altstadt werden von Archäologen begleitet. Mehr als 15 000 Quadratmeter, vor allem die Freiflächen nördlich und südlich der Grunerstraße, wurden nahezu vollständig erfasst. Mehr als 5000 Befunde und mehr als 600 000 Funde von der Urgeschichte über die Zeit der Stadtgründung bis in die jüngste Vergangenheit wurden dabei geborgen, teilt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenStadt) mit. Dazu gehörten auch spektakuläre Entdeckungen wie die Reste eines Bohlenwegs aus der Zeit von 1230 bis 1240 (wir berichteten) und die Überreste eines Elektrizitätswerks aus dem Jahr 1889. Die Arbeiten an dem 4000 Quadratmeter großen Gebiet wurden vor Kurzem abgeschlossen. "Ein zusammenhängendes Areal des Werkes wurde im Boden belassen und als Archäologisches Fenster geplant. Auf bis zu 1000 Quadratmetern kann so künftig die Entwicklung der Elektropolis Berlin erlebbar gemacht werden", teilt SenStadt mit.
Mit der Stilllegung und Entwidmung der "alten" Grunerstraße im März stehen nun die letzten, bisher nicht zugänglichen Bereiche für die archäologische Untersuchung zur Verfügung. Diese 6500 Quadratmeter stellen laut SenStadt eine Herausforderung dar, da sie größtenteils unter der Straße liegen. Doch auch dort konnten schon erste Zeugnisse der Stadtgeschichte freigelegt werden. Es handelt sich um mehrere parallel verlaufende Grabenstrukturen aus dem 13. Jahrhundert, die bis zu drei Meter breit und zwei Meter tief erhalten waren. In ihrer Nähe befanden sich zahlreiche Brunnen und Latrinen, die eine kontinuierliche Ver- und Entsorgung vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit belegen.
„Die Grabungen am Molkenmarkt bringen immer neue Erkenntnisse und Einblicke in fast 800 Jahre Stadtgeschichte und gehören damit zu den wichtigen aktuellen Projekten der Berlin-Forschung. Inzwischen haben wir konkrete Vorstellungen, wie archäologische Fenster in die bevorstehenden Hochbauwettbewerbe einfließen können", freut sich Landeskonservator Christoph Rauhut. "Die Auswertung dieses reichen Schatzes wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen, damit all diese Objekte auch für Nicht-Archäologen zum Sprechen gebracht werden können", erklärte Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) bei einem Rundgang über den Molkenmarkt.
Autor:Simone Gogol-Grützner aus Zehlendorf |
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