Zoff auf der Fischerinsel geht weiter
IG Fischerkiez kitisiert geplanten Umbau der Grünanlagen

Streitbar: Anwohner Henry Czapla und Eckhard Frenzel (rechts). Frenzel wohnt seit 1970 auf der Fischerinsel. | Foto: Ulrike Kiefert
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Dauerbaustelle, gefällte Bäume, unsanierte Wege: Idyllisch ist es auf der Fischerinsel schon länger nicht mehr. Jedenfalls nicht aus Sicht der Interessengemeinschaft (IG) Fischerkiez. Ihr Briefverkehr mit dem Bezirksamt füllt mittlerweile einen halben Aktenordner.

Nach vier Jahren Stillstand bewegt sich im Krater wieder was. Bagger schauffeln, Tiefbauer bohren in der Erde. Die Grube bekommt ein Stützbauwerk. Im Vorfeld wurden vier weitere Bäume gefällt. Laut Bezirksamt standen der Spitzahorn, die Rosskastanie und die zwei Bergahorne zu dicht an der Baugrube. Wie berichtet zieht die WBM auf dem Grundstück Ecke Mühlendamm 210 bezahlbare Wohnungen für Familien und Studenten hoch. Im Sommer soll es mit dem Hochbau losgehen. Vorher geht es mit den Ausgrabungen weiter.

Archäologen hatten bereits 2016 auf dem Baufeld gebuddelt. Seitdem ist das historische Eckgrundstück auf dem ehemaligen Cöllnischen Fischmarkt umzäunt und zum Ärger von Anwohnern zwischendurch zur Müllhalde verkommen. Geänderte Baupläne hatten das Wohnensemble zusätzlich verzögert. Die WBM musste zwei Mal planen.

Der Neubau ist jedoch nicht der eigentliche Stein des Anstoßes. Die Interessengemeinschaft Fischerkiez kritisiert vielmehr den geplanten Umbau der öffentlichen Grünanlagen und Freiflächen auf der nördlichen Fischerinsel. Den Vorentwurf hatten Planer aus dem Straßen- und Grünflächenamt den Anwohnern im vergangenem Oktober vorgestellt. Bis zum zweiten Quartal dieses Jahres will das Bezirksamt die Entwurfsplanung abgeschlossen haben. Baubeginn soll dann Anfang 2022 sein. Das Vorhaben ist ein grünes Ausgleichsprojekt für den Axel-Springer-Neubau an der Schützenstraße. Die geschätzten Kosten liegen bei knapp 2,4 Millionen Euro. „Wir bezweifeln, dass für die Aufwertungsmaßnahmen unbedingt zwei Millionen Euro nötig sind“, sagt Eckhard Frenzel vom Sprecherrat der IG Fischerkiez. „Viele der rund 4000 Anwohner sprechen sich vielmehr für den Erhalt der Grünanlagen bei besserer Pflege aus.“ Warum zum Beispiel die alte Weide an der Inselbrücke fallen soll und eine Terrasse am Spreeufer gebaut werden muss, will Frenzel, einer der Erstmieter auf der Fischerinsel, nicht in den Sinn. „Wenn man auf der Inselbrücke am historischen Hafen steht, hat man einen weiten Blick bis rüber zur Jannowitzbrücke. Da braucht es keine Terrasse.“

Sanierung und Instandhaltung
der Wege gefordert

Mit dem Geld sollten lieber holprige Wege saniert werden, meint die IG, wie die Uferpromenade zwischen Inselbrücke und Gertraudenbrücke. Dort senkt sich stellenweise das Pflaster, gefrorene Pfützen bremsen Fußgänger und Rollis aus. Die Sanierung der Uferpromenade ist auch aus Sicht des Bezirksamtes nötig. Die ergebe aber nur Sinn, wenn gleichzeitig die Ufermauer erneuert werde. Die ist im Bauvorhaben „Aufwertung der nördlichen Freianlagen“ jedoch nicht enthalten. Das Bezirksamt hat Frenzel aber angekündigt, das Loch in der Uferpromenade und einen schadhaften Weg westlich des großen Spielplatzes an der Promenade wegen der Verkehrssicherheit wiederherstellen zu wollen. „Die Frage ist nur, wann das passieren soll“, sagt Frenzel.

Weiterer Kritikpunkt ist der rund 100 Meter lange Fußweg vom Haus Fischerinsel 2 zur Inselbrücke. Für dessen Sanierung setzt sich Anwohner Henry Czapla schon seit 2014 ein. Mehrfach habe er schriftlich auf den desolaten Zustand, vor allem für Ältere und Rollstuhlfahrer, aufmerksam gemacht, sagt Czapla. Ohne Ergebnis. Das Bezirksamt hat ihm mittlerweile bis zu 500 Euro Verwaltungsgebühren angedroht, sollte er weitere Auskünfte wollen. Der Streitpunkt: Laut Bezirksamt ist der Verbindungsweg Teil einer gewidmeten Grünanlage, will heißen „Betreten auf eigene Gefahr“. Mit Unebenheiten, wellenförmigen Vertiefungen oder Wölbungen des Gehwegs müsse man rechnen und sich darauf einrichten.

Weitere Bauvoraben in Sicht

Henry Czapla machen solche Antworten zornig. „Unverschämt“ nennt er das und „mangelnde Sachkenntnis“. Denn seine Recherchen hätten ergeben, dass der Fußweg seit 1969 ein öffentlicher Verkehrsweg sei. „Es gibt im Amtsblatt keinen Eintrag für seine Umwidmung in einen Parkweg.“ Zwar werde der Weg, wie ihm 2016 der damalige Baustadtrat mitteilt, „nachweislich bereits 1980 in den Bestandsunterlagen für Grünanlagen des Bezirksamtes als Teilfläche der öffentlichen Grün- und Erholungsanlage Fischerinsel“ geführt. „Eine Umwidmung ist in den vergangenen Jahren nicht erfolgt“, heißt es in dem Schreiben weiter. Einen entsprechenden Nachweis, dass es inzwischen anders sei, habe er bis heute nicht bekommen, sagt Czapla. Für ihn wird hier „auf Kosten der Sicherheit und Gesundheit der Bürger gespart“.

Bis es auf der Fischerinsel auch sonst wieder ruhiger wird, dauert es noch. Der WBM-Neubau soll Ende 2023 fertig sein, ebenso wie der Umbau der Freianlagen. Gerade wird die Roßstraßenbrücke saniert. Weitere Großbaustellen kündigen sich an: Neubau des Wehrs mit der Fischtreppe an der Mühlendammschleuse und Neubau der Mühlendammbrücke.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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