Stalinbauten werden kein Welterbe
Karl-Marx-Allee und Interbau 1957 abgelehnt - Waldsiedlung Zehlendorf erfolgreich

Die Wohnsiedlungen beidseitig der Karl-Marx-Allee werden vorerst kein Welterbe. Der nach dem Umbau auf den früheren Parkplätzen angelegte Grünstreifen ist im Sommer vertrocknetes Niemandsland. | Foto: Dirk Jericho
  • Die Wohnsiedlungen beidseitig der Karl-Marx-Allee werden vorerst kein Welterbe. Der nach dem Umbau auf den früheren Parkplätzen angelegte Grünstreifen ist im Sommer vertrocknetes Niemandsland.
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Die Waldsiedlung Zehlendorf als mögliche Erweiterung der Unesco-Welterbestätte „Siedlungen der Berliner Moderne“ wurde jetzt erfolgreich auf die deutsche Tentativliste (Anmeldeliste) gesetzt. Das weitere Vorschlagsduo Karl-Marx-Allee und Interbau 1957 hat der internationale Fachbeirat hingegen abgelehnt.

Seit vielen Jahren will Berlin erreichen, dass die denkmalgeschützten Ensembles der Nachkriegsmoderne Karl-Marx-Allee im Osten und Interbau 1957 im Westen zur Unesco-Welterbestätte erklärt werden. Die Doppelbewerbung „Karl-Marx-Allee und Interbau 1957 – Architektur und Städtebau der Nachkriegsmoderne“ für die einzigartigen Städtebauensembles mit grünen Stadtlandschaften und großen Freiräumen kommt vorerst nicht auf die deutsche Tentativliste, wie die Kulturministerkonferenz am 4. Dezember bekanntgegeben hat. Die Kulturministerkonferenz folgt damit dem Urteil des von ihr eingesetzten internationalen Fachbeirates.

Damit haben die nach dem Zweiten Weltkrieg im Osten errichteten Stalinbauten und die modernen Pavillons der Karl-Marx-Allee sowie die im Stile der Nachkriegsmoderne ab 1956 gestalteten Neubauquartiere im kriegszerstörten Hansaviertel mit dem Corbusierhaus im Westen derzeit keine Chance, Unesco-Kultur- und Naturerbe der Welt zu werden. Bausenator Christian Gaebler (SPD) „bedauert angesichts der weltweiten Vorbildwirkung Berlins im Wohnungsbau, dass der zweite Vorschlag keinen Eingang auf die Tentativliste gefunden hat“. Die großen Wohnensembles der Internationalen Bauausstellung 1957 und entlang der Karl-Marx-Allee seien „gebaute Symbole des Berliner Wiederaufbaus in Ost und West und bilden eindrucksvoll die besondere Geschichte unserer ehemals geteilten Stadt ab“, so Bausenator Gaebler.

Auch Landeskonservator Christoph Rauhut, der sich für das Ost-West-Duo starkgemacht hatte, „bedauert zutiefst, dass die Einzigartigkeit der Ensembles der Karl-Marx-Allee und der Interbau 1957 nicht erkannt wurde“. Er hofft, dass das Landesdenkmalamt zukünftig „einen Weg findet, wie wir diesen bedeutsamen Gebieten der Berliner Baugeschichte zu einer dies würdigenden Anerkennung verhelfen können“, so Rauhut.

Erfolgreich bei den beiden Berliner Welterbe-Bewerbungen war hingegen die Waldsiedlung Zehlendorf, die es als Erweiterung der Unesco-Welterbestätte „Siedlungen der Berliner Moderne“ auf die deutsche Tentativliste geschafft hat. Die Waldsiedlung Zehlendorf ist eine von sieben Stätten, die ab Februar 2024 auf der erweiterten deutschen Anmeldeliste an die Unesco-Kommission in Paris übermittelt werden. Insgesamt waren 21 Vorschläge aus den Bundesländern eingegangen.

Die Auszeichnung als Unesco-Welterbe setzt ein langjähriges und mehrstufiges Verfahren voraus. Das Verfahren für die Erweiterung der nationalen Tentativliste um neue Kandidaten für die Welterbeliste wurde in der Vergangenheit in Deutschland alle zehn Jahre neu eröffnet. Am Tentativverfahren 2021-2023 beteiligten sich fast alle Bundesländer. Der Senat hat im Oktober 2021 beide Berliner Vorschläge eingereicht. Der jetzige Beschluss der Kulturministerkonferenz ist Voraussetzung für die Erstellung eines qualifizierten Dossiers, das beim Welterbezentrum in Paris eingereicht wird. Sollte das Dossier auf internationaler Ebene bestätigt werden, erfolgt die Nominierung als Welterbestätte.

„Ich freue mich sehr, dass sich mit der Waldsiedlung Zehlendorf ein Berliner Vorschlag durchsetzen konnte und die Siedlung nun einen Schritt weiter ist auf dem Weg zur Listung als Unesco-Welterbe“, sagte der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU). Deutschland sei bereits mit 52 Welterbestätten auf der Welterbeliste vertreten; davon liegen allein drei Stätten in Berlin.

„Die farbenfrohe Waldsiedlung, auch Papageiensiedlung genannt, soll als eine Erweiterung der bereits seit 2008 bestehenden Welterbestätte ‚Sechs Siedlungen der Berliner Moderne‘ eingetragen werden. Sie würde als siebte Siedlung die weltweite Ausstrahlungskraft Berlins als innovatives Zeugnis des sozialen Wohnungsbaus mit höchstem ästhetisch-funktionalem Anspruch untermauern“, sagte der Senator. Für Bausenator Christian Gaebler ist die Waldsiedlung Zehlendorf „ein herausragendes Beispiel für den sozialen Wohnungsbau, das uns durch seinen wegweisenden Symbolcharakter auch heute noch inspiriert“. Steglitz-Zehlendorfs Stadtentwicklungsstadtrat Patrick Steinhoff (CDU) ist stolz auf die Nominierung. „Die Waldsiedlung ist gerade wegen ihrer architektonischen und freiraumplanerischen Qualitäten ein buntes lebendiges Viertel und soll es auch in Zukunft bleiben“, sagt er. Die Waldsiedlung würde „ebenbürtig und auf Augenhöhe mit den anderen sechs herausragenden Siedlungen Berlins stehen“, sagt auch Landeskonservator Christoph Rauhut. Zu den sechs Siedlungen der Berliner Moderne gehören die Gartenstadt Falkenberg, die Siedlung Schillerpark, die Großsiedlung Britz, die Wohnstadt Carl Legien, die Weiße Stadt und die Großsiedlung Siemensstadt. Sie wurden 2008 in die Welterbeliste aufgenommen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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