Erst 60. Geburtstag, dann Grundsanierung
Kino International schließt im April
Das Kino International muss für mindestens 15 Monate schließen. Das imposante Lichtspielhaus aus DDR-Zeiten wird denkmalgerecht grundsaniert. Am 19. November lädt es nochmal zum Tag der offenen Tür ein.
So manches ist im International schon ausgebessert. Die Toiletten wurden saniert, ein Aufzug ist eingebaut und eine neue Kälteanlage installiert. Nun lässt die Yorck-Gruppe das Kino an der Karl-Marx-Allee grundsanieren. Das Haus, das 60 Jahre lang fast nie geschlossen war, muss darum für mindestens 15 Monate dichtmachen. Im April 2024 beginnt der Umbau – so nah am Original wie möglich. Auf der Liste stehen das Dach, die Technik und die Lüftungsanlage. Dazu wird das Innendesign aufgefrischt, wie etwa das elegante Echtholzparkett in der Bar oder die Bestuhlung. Die geschätzten Kosten von etwa zehn Millionen Euro übernehmen der Bund und die Lottostiftung Berlin.
Deutsche Filmklassiker zum Jubiläum
Vor der Generalsanierung feiert das Kino International aber noch seinen 60. Geburtstag. Zwischen November und Februar gibt es diverse Veranstaltungen. Dazu werden bis zum 28. Januar jeden Sonntag deutsche Filmklassiker gezeigt. Am 19. November ist ab 11 Uhr Tag der offenen Tür mit Backstage-Führungen, Filmposterbasar und einer kleinen Ausstellung.
Das International ist eines der berühmtesten Kinodenkmäler der Welt. Es eröffnete am 15. November 1963 nach Plänen der Architekten Josef Kaiser und Heinz Aust, die auch das Café Moskau und das Kino Kosmos entwarfen. Zur Premiere wurde das sowjetischen Drama „Eine optimistische Tragödie“ gezeigt. Weil die Kopie des Films fehlerhaft war, verließ Walter Ulbricht, damals Staatsratsvorsitzender der DDR, wütend den Saal. Premierenkino der DDR war das architektonische Kronjuwel bis 1990. Für die feierlichen Defa-Erstaufführungen in Anwesenheit der sozialistischen Staatsführung war alles vorhanden: eine separate Sitzreihe mit extra Beinfreiheit, ein Saal für Empfänge oder Bankette und sogar ein Atomschutzbunker.
Inszenierte Krawalle
Aber auch abseits von großen Premieren strömten die Ost-Berliner in das Kino. Defa-Klassiker wie "Solo Sunny", aber auch Filme wie "Dirty Dancing" lockten über 100 000 Zuschauer an. Manchmal spielten sich jedoch abseits der Leinwand unschöne Szenen ab. 1966 inszenierte die SED-Führung Protestaktionen während der Vorstellungen und vor dem Kino gegen den Film „Spur der Steine“ mit Manfred Krug. Die inszenierten Krawalle wurden dann zum Anlass genommen, den Film zu verbieten. Nur wenige Tage nach der Premiere verschwand er aus dem Programm, Regisseur Frank Beyer wurde auf Jahre kaltgestellt.
Im Kino gab es auch den Jugendclub International. Dort fanden bedeutende Konzerte wie das der Ostberliner Punkband "Feeling B" statt, aus der später "Rammstein" hervorging.
Spielort der Berlinale
Als großes Premierenhaus ist der denkmalgeschützte Kinobau auch heute noch weltweit bekannt. Filmschaffende wie Tilda Swinton, Steven Spielberg, Barry Jenkins, Taika Waititi, Spike Lee und viele andere waren hier bereits zu Gast, um ihre Filme erstmals öffentlich vorzustellen. Seit 1990 ist das Großkino Spielort der Berlinale. Denn es beeindruckt mit seinem 1960er-Jahre Ambiente, den blauen Sesseln, Holzvertäfelungen und der eleganten Panoramabar als Vorhalle zum Kinosaal. Und draußen an der Fassade grüßt die Gäste wie vor fast 60 Jahren ein wunderschöner Anachronismus: handgemalte Kinoplakate, zeitlos und einzigartig – wie das International selbst.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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