Mittendrin statt nur dabei
Märkisches Museum öffnet sich für die Stadtgesellschaft

Seit Februar 2016 leitet Paul Spies das Märkische Museum. Bei seiner  Wiedereröffnung wird er nur als Gast dabei sein.    | Foto: Ulrike Kiefert
6Bilder
  • Seit Februar 2016 leitet Paul Spies das Märkische Museum. Bei seiner Wiedereröffnung wird er nur als Gast dabei sein.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Das Märkische Museum schließt ab Januar. Mit sechs Jahren Verspätung beginnt seine Sanierung. Wie das weltweit erste Stadtmuseum nach dem Umbau aussehen soll, erzählt Museumschef Paul Spies.

Im Märkischen Museum beginnt das große Packen. Über 2000 Ausstellungsstücke müssen in die Kisten. Darunter Gemälde, Grafikkunst, Objekte aus der archäologischen Abteilung, der Mode- und Theatersammlung. In den kommenden Wochen wird das Museum dann der Baufirma „übergeben“. Spätestens im Sommer geht es mit der Sanierung und dem Umbau konkret los. Für die Berliner bedeutet das, auf das einzigartige Stadtmuseum zur Geschichte Berlins bis 2028 verzichten zu müssen.

Keine museale Black-Box

Eine lange Zeit, auch für Paul Spies. Seit Februar 2016 ist der gebürtige Niederländer Museumschef in Vollzeit und Direktor der Stiftung Stadtmuseum. Das Märkische Museum Am Köllnischen Park ist das Stammhaus der Stiftung. Vor seinem neuen Job in Berlin war Spies Direktor des Amsterdamer Stadtmuseums. Mit Museen kennt er sich also aus, und wie man sie fürs 21. Jahrhundert fit macht. Für die „hochakademische Burg mit verschiedenen Themenräumen“, wie Paul Spies das historische Bauwerk nennt, hat er schon früh eine Zukunftsstrategie entwickelt. Die Berliner Stadtgesellschaft spielt dabei eine große Rolle. Denn was Paul Spies auf keinen Fall will, ist eine museale „Black-Box“. „Das Märkische Museum war 1908 das erste moderne Stadtmuseum weltweit, es ist ein ganz besonderes Museum.“ Die Berliner will Paul Spies daher mitnehmen, wenn es um neue Ausstellungsformate geht. „Wir sind nur die Moderatoren, die lokale Geschichten aus der Stadtgesellschaft abholen.“ Seine Vision: „Der Besucher kommt ins Museum, wird aktiv, bleibt und kehrt zurück.“

Raum zum Experimentieren

Mit der Grundsanierung, Renovierung und Neuausstattung des Märkischen Museum und des benachbarten Marinehauses soll sich dieser Wunsch nun erfüllen. Baulich wird unter anderem das Vestibül offener und barrierefrei. Für die Räume der Stadtgesellschaft im Erdgeschoss ist der Eintritt künftig frei. Von unten führt ein Treppenhaus quasi als offener Rundgang hoch in jede Ausstellungsetage. Das Sockelgeschoss soll Sonderausstellungsfläche bleiben. Dort ging es zuletzt auf rund 700 Quadratmetern um die Berliner NS-Geschichte aus der Alltagsperspektive. Künftige Ausstellungen beschäftigen sich mit populären und Nischenthemen wie Industrie- und Architekturgeschichte, Biografien, historischen Momenten und Ereignissen oder politischen Bewegungen. Im ersten Obergeschoss des Museums soll es mehr Raum zum Experimentieren für Schulklassen und Familien geben. Die Museumskapelle wird ebenfalls restauriert. Von dort öffnet sich der Blick in den sanierten Köllnischen Park.

Turm wird reaktiviert

Reaktiviert wird auch der knapp 60 Meter hohe Turm des Museums. Bisher geschlossen, ist er dann dauerhaft begehbar: über ein Treppenhaus und einen Aufzug. Innen entwerfen an der linken Turmwand Künstler auf Großprojektionen ihre „Vision von Berlin“. Und vom Panoramadach hat man eine grandiose Fernsicht über die Stadt. Aus Brandschutzgründen dürfen allerdings nur maximal 40 Besucher auf den Turm. TU-Studenten hatten die Idee, unterm Dach einen Club zu eröffnen, erzählt Paul Spies. Der wird aber wohl nicht genehmigt.

Objekte ziehen teilweise in andere Museen um

Während der Bauzeit ziehen die beliebten Stadtmodelle und andere Objekte aus dem Märkischen Museum ins Ephraim-Palais. Zwölf besondere Werke der klassischen Moderne werden in der Dauerausstellung „Kunst in Berlin 1880 bis 1980“ der Berlinischen Galerie präsentiert. Darunter sind die Portraits von Ernst Ludwig Kirchner und Walther Rathenau. Die mechanischen Musikinstrumente, darunter seltene Straßenorgeln, wandern ins Museum Pankow. Weitere Sammlungsstücke will das Museum auf Anfrage anderen Institutionen ausleihen.

Kosten deutlich gestiegen

Bereits eingerüstet ist das Marinehaus gegenüber vom Märkischen Museum. Früher ein Ballhaus und zu DDR-Zeiten ein Impfzentrum soll mit dem denkmalgeschützten Museum künftig das Zentrum des neuen „Museums- und Kulturquartiers Köllnischer Park“ werden. Dänische Architekten bauen im Marinehaus ein neues Haus. Einziehen sollen dort ein großer Veranstaltungssaal, unter anderem für Theater, Probenräume, ein Stadtlabor für die Stadtgesellschaft, Workshopräume, Ateliers und Gastronomie. Bis 2026 soll das Marinehaus saniert sein. Es wird damit früher fertig als das Märkische Museum. Dessen Modernisierung sollte eigentlich schon 2016 beginnen. Solange wartet Paul Spies bereits darauf. „In Amsterdam werden solche Großprojekte innerhalb eines Planungsjahres fertig.“ Möglich machen das zentrale Planungsbüros, die sich um die Genehmigungen der Behörden kümmern. Weil Berlin hier länger braucht, sind die errechneten Sanierungskosten für das Museum und das Marinehaus deutlich gestiegen: von 65 Millionen auf 90 Millionen Euro. Der Bund beteiligt sich mit rund 32 Millionen.

Die Wiedereröffnung „seines“ Museums wird Paul Spies nur als Gast erleben. Sein Vertrag als Museumschef läuft Mitte 2025 aus. Der 62-Jährige geht dann in Rente. Nach Amsterdam kehrt er aber nicht zurück. „Ich bin Berliner“, sagt Spies. Außerdem will er mit eigenen Augen sehen, ob es das Märkische Museum ins 21. Jahrhundert geschafft hat.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

53 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 89× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 42× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 453× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.053× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.