Retusche für die Lehmkapelle
Nach fast 20 Jahren wurde Kirchenraum der Kapelle der Versöhnung erstmals ausgebessert

Lehmbauer Arnaud Evrard bessert die Stampflehmwände aus.  | Foto: Dirk Jericho
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Die Kapelle der Versöhnung im früheren Todesstreifen wurde 1999 auf den Fundamenten der gesprengten Versöhnungskirche errichtet. Das Oval aus Stampflehm des Lehmbaukünstlers Martin Rauch aus Österreich ist der erste konstruktive Stampflehmbau in Berlin. Nun musste er ausgebessert werden.

Martin Rauch war nicht selbst da, um die Arbeiten an dem markanten Gotteshaus auszuführen. Der Lehmbaumeister aus Vorarlberg im Westen Österreichs kann sich vor Aufträgen kaum retten. Lehm als Baustoff ist besonders nachhaltig und immer beliebter. Rauch hat zum Beispiel den Alnatura-Campus in Darmstadt gebaut, Europas größtes Bürogebäude mit Außenfassaden aus Lehm. Im Ricola Kräuterzentrum in der Schweiz soll sich der Baustoff Lehm für die Lagerhalle besonders optimal auf die Herstellung der Kräuterbonbons auswirken.

Berühmt ist auch die Kapelle der Versöhnung. Sie ist seit mehr als 100 Jahren der erste öffentlich gebaute Lehmbau in Deutschland. Der ovale Kirchenraum war vor 20 Jahren eine Pionierleistung von Martin Rauch. Das Besondere an dem sieben Meter hohen Oval der Kapelle: Die 60 Zentimeter dicken Wände sind in Stampflehmbauweise errichtet. Rauch hat alten Schutt und Materialien der gesprengten Versöhnungskirche in den Lehm gemischt. So entstand nach den Plänen der Berliner Architekten Peter Sassenroth und Rudolf Reitermann ein einzigartiger Erinnerungsort inmitten der Gedenkstätte Berliner Mauer auf den Fundamenten der alten Kirche.

Löcher auf Nasenhöhe

„Wir sind sehr überrascht, wie gut alles erhalten ist“, sagt Assunta Rauch. Die 68-Jährige ist die Schwester des Lehmbaukünstlers und war schon 1999 beim Bau der Kapelle dabei. Gemeinsam mit Lehmbauer Arnaud Evrard aus Rauchs Firma hat sie zehn Tage lang den Boden und die Wände der Lehmkapelle retuschiert, wie Arnaud Evrard die Reparaturarbeiten nennt. Der 44-Jährige drückt ein Gemisch aus kleinen Steinen und Lehm in die größeren Löcher der Wand und reibt es mit einem Holz ein. Interessant ist, dass größere Schäden in der Stampflehmbauwand so etwa auf Nasenhöhe sind. Assunta Rauch vermutet, dass Touristen vielleicht immer mal ein bisschen als Souvenir rausgekratzt haben.

Den Lehm für den Sakralbau hatte seinerzeit Martin Rauch selbst aus einem Stich in Rüdersdorf ausgesucht. Zirka 400 Tonnen sollen 1999 unter anderem von jungen Freiwilligen aus vierzehn europäischen Ländern verbaut worden sein, sagt Rainer Just von der Versöhnungsgemeinde. Er hat damals für spätere Reparaturen ein paar Zentner des Lehms neben der Kapelle vergraben. Bevor das Team aus Österreich jetzt anrückte, musste Just das etwa zwei Quadratmeter große Feld finden. Aufzeichnungen hatte damals niemand gemacht. Und später wurde die Gedenkstätte im Todesstreifen gebaut, die 2009 eröffnet wurde. Der Boden neben der Versöhnungskapelle, auf dem heute das Roggenfeld gedeiht, wurde dafür zum Teil ausgetauscht. Fündig geworden sind Just und seine Helfer – die ehrenamtlichen Kirchenhüter Rainer Böhme und Hans-Werner Scharf – doch noch. Das alte Lehmgemisch hat allerdings eine dunklere Farbe. Damit die ausgebesserten Stellen nicht dauerhaft anders aussehen, zieht Lehmbauer Arnaud Evrard etwas von dem Wandlehm über die reparierten Stellen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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