Tacheles-Areal wird ausgebaggert
Beim Megabauprojekt Tacheles beginnt erst jetzt der Aushub der elf Meter tiefen Baugrube. Ursprünglich sollten die Bagger bereits seit vergangenem Juli das Erdreich rausholen.
Seit Monaten pressen die Bauleute über Lanzen Beton in den Boden, um in 17 Metern Tiefe die ein Meter dicke Dichtsohle herzustellen. Mit Hochdruck wird der Beton unterirdisch kreisförmig in die Erde geschleudert, so dass Tausende sich überschneidende Betonräder zum Schluss die Dichtsohle für die Baugrube ergeben. Zuvor wurden 2017 rund um die riesige Baugrube auf dem 2,5 Hektar großen Areal zwischen Friedrichstraße, Oranienburger Straße und Johannisstraße Schlitzwände für die Trogbaugrube gebaut. Seit April karren bis zu 40 Lkw am Tag den Aushub ab, wie Projektleiter Hans-Christian Bauß erklärt. Er sagt, die Arbeiten auf dem Tacheles-Areal seien im Zeitplan. Anfang 2017 hatte Bauß jedoch verkündet, dass das erst jetzt begonnene Auslöffeln der Baugrube im Juli 2017 starten sollte.
Acht Monate später beginnen nun die Laster, die insgesamt 200 000 Kubikmeter Tacheles-Erde wegzukarren, damit die verschiedenen Häuser gebaut werden können. Ursprünglich sollte die Baugrube im Mai fertig sein. Das Projekt hat mindestens ein halbes Jahr Verspätung. Statt wie bisher geplant Ende 2017, beginnt im Sommer an der Friedrichstraße der Rohbau der zwei- bis dreigeschossigen Keller.
Wohnquartier für eine halbe Milliarde Euro
Wie berichtet, stampft der Projektentwickler pwr development (pwrd) bis Ende 2020 für eine halbe Milliarde Euro ein komplettes Stadtquartier mit Wohnungen, Büros und Geschäften aus dem Boden und saniert die berühmte Tacheles-Ruine.
Die Generalplanung für das Tacheles-Quartier haben die Schweizer Stararchitekten vom Büro Herzog & de Meuron übernommen, die auch die Hamburger Elbphilharmonie und die Allianz-Arena in München entworfen haben. Drei Berliner Architektenbüros sind für die Gestaltung der insgesamt 14 Neubauten zuständig. Zum Projekt gehören auch die beiden Häuser an der Friedrichstraße 112 a und b (mit dem Irish Pub). Im neuen Quartier entstehen nach bisherigen Aussagen 370 Wohnungen, die meisten davon als Eigentumswohnungen. Es werden aber etliche mehr sein, denn das Hotel, das die Architekten vom Büro Grüntuch Ernst bisher an der Oranienburger Straße geplant haben, soll es nicht mehr geben. Stattdessen sollen in dem Gebäude Wohnungen entstehen. Dass die Hotelpläne vom Tisch sind, bestätigt auch Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). Baugenehmigungen für die einzelnen Projekte gibt es bisher nicht. Die Mitarbeiter würden die Anträge abarbeiten, Konflikte sehe er eher keine, so Gothe.
Gespannt sind die Anwohner, wie die Neubauten und Fassaden im neue Stadtquartier aussehen werden. Bisher geben die Investoren keine Bilder davon heraus. Pwrd-Chef Sebastian Klatt sucht derzeit Grundstücke in der Nachbarschaft, wo er in unmittelbarer Nähe zum Tacheles Musterfassaden aufstellen möchte. Die maßstabsgetreuen Schaufassaden – ähnlich der Musterecke bei der Bauakademie-Attrappe – wollen die Architekten, um die Wirkung ihrer Entwürfe zu prüfen. Nach Informationen der Berliner Woche wollte Klatt die Schaufassaden gegenüber auf dem Grundstück an der Oranienburger Straße aufstellen. Die Eigentümer und Restaurantbesitzer hatten aber kein Interesse, ihren laufenden Gastro-Hotspot dafür zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeiten zur denkmalgerechten Sanierung der Tacheles-Ruine haben auch begonnen. Das berühmte Künstlerhaus, das 2012 nach jahrelangen Querelen und Klagen geräumt wurde, bleibt ein Kulturhaus. Was genau in die ehemaligen Kaufhausetagen einzieht, ist auch noch nicht endgültig geklärt. Kino, Theater, Galerien, Studios und Ateliers sind denkbar, entschieden ist noch nichts. Im Untergeschoss könnte ein Club aufmachen. Geplant ist auch, über dem Torbogen auf dem Tacheles-Gebäude wieder eine Kuppel aufzubauen, die als imposantes Dachrestaurant genutzt wird.
Die Generalplaner von Herzog & de Meuron sind für die Tacheles-Ruine zuständig und bauen auch die Friedrichstraßenpassagen von der Friedrichstraße bis zum Torbogen des Tacheles wieder auf. Wie in der 1909 eröffneten Einkaufspassage wird es im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss zahlreiche Restaurants, Cafés und Geschäfte geben. Oben drüber ist Platz für luxuriöse Büros. Im Untergeschoss sind Geschäfte zur Nahversorgung wie Biomarkt oder Drogerie geplant. Die Passage zwischen Oranienburger Straße und Friedrichstraße bleibt öffentlich, so wie auch der zukünftige Stadtplatz zwischen den neuen Büro- und Wohnhäusern, den die Planer bisher Tacheles-Platz nennen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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