Vergessenes Varieté-Theater soll angesagte Privatadresse werden
Durch einen Zufall entdeckte Dirk Moritz vor sechs Jahren das marode Hinterhaus. Er habe sofort gespürt, dass unter all dem Schutt und Müll etwas Besonderes verschüttet lag, von dem eine Magie ausging. Jahrelange Recherchen brachten die Geschichte des Hauses ans Licht.
Das dreistöckige Hinterhaus mit Deckengewölbe und Bühne war Varieté und Wirtshaus, firmierte unter dem Namen "Fritz Schmidts Restaurant und Festsäle" und erlebte ab 1919 unter dem Namen "Kolibri-Festsäle und Kabarett" seine Glanzzeit. Hier steppte in den Goldenen Zwanziger Jahren der Bär. 1934 verliert sich die Spur. Das Haus fällt in einen Dornröschenschlaf. Zu DDR-Zeiten nutzt eine private Schlosserei die unteren Räume als Fabrik. Der Saal verfällt, Fenster werden zugemauert, Zwischendecken eingezogen.
In zwei Jahren wird Moritz, der das Haus gekauft hat, selbst mit seiner Familie hier wohnen. Im neuen Dachgeschoss, das auf den früheren Ballsaal im zweiten Obergeschoss gesetzt wird. Technisch nicht ganz einfach, denn die 300 Quadratmeter großen Etagen sollen kaum verändert werden. Zusätzliche Stützpfeiler waren deshalb tabu.
Einen versteckten Ort nennt Moritz das Haus, das seine besondere Ausstrahlung wieder bekommen soll. Unten im Erdgeschoss können Ausstellungen oder kleine Events stattfinden. Wenn Moritz die Künstler und Projekte gefallen, ist er offen für vieles. "In dem Haus wird es nie langweilig werden", sagt der Unternehmer. Die erste Etage will er zur exklusiven Loftwohnung "der Goldenen 20-er" gestalten. Wer für Moritz als Nachbar interessant genug ist, kann die eingerichtete Etage mieten. "Das können internationale Leute sein, die zeitweise nach Berlin kommen", sagt Dirk Moritz. Den sieben Meter hohen Theatersaal mit der exklusiven Empore und der imposanten Fensterfront können Firmen für besondere Veranstaltungen mieten. Pressekonferenzen, Meetings, besondere Beurkunden - alles ist möglich.
Moritz will mit seinem Secret Garden-Projekt "Berlin etwas zurückgeben", sagt er. Die Stadt dürfe nicht "zur langweiligen Schlafstadt verkommen." Ihn ärgern Investoren, die nur auf maximale Verwertung achten. Die Investitionskosten seien für ihn zweitrangig, behauptet der Unternehmer. Er habe nicht auf jeden Euro geguckt. Wichtig war, "die Atmosphäre dieses Hauses zu erhalten."
Vom 18. bis zum 21. September ist das frühere Varieté-Theater letztmalig vor der Sanierung täglich von 11 bis 20 Uhr geöffnet. Als "letzter Ball im Kolibri" kündigt Kuratorin Constanze Kleiner die private Ausstellung von über zwei Dutzend Künstlern an. Auch die Hausherren zeigen ihre Bilder: Dirk Moritz steht genauso auf der Künstlerliste wie seine Frau Agnieszka Baranska.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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