Berliner Denksteine
Eine Hinrichtung und die Toten vom Rabenstein.
Aus der Geschichte des Bezirk Friedrichshain ist bekannt, dass am heutigen Strausberger Platz sich im 16.Jahrhundert eine Hinrichtungsstätte befand, der Rabenstein. Die dort zu Tode gemarterten Menschen kamen wahrscheinlich auf einen in der Nähe befindlichen Totenacker. Dieser befand sich nach heutiger Lage im Bereich zwischen Moll-und Berolinastraße, etwa nördlich vom Strausberger Platz, zwischen Mitte und Friedrichshain. Dort hinter dem Grundstück Mollstraße 11 steht heute aufrecht ein schmaler Grabstein aus Granit, mit hebräischen Schriftzeichen und am Fuß eine deutschsprachige Erklärung auf einer Bronzetafel: Im Jahre 1510 wurden 38 Berliner Juden wegen angeblicher Hostienschändung verbrannt. Ihre Gebeine sind hier bestattet.
1510 war man hier weit vor den Toren der Stadt und auf einem ungeweihten Totenacker, ohne wirklich Friedhof zu sein. Mit der Hinrichtung dieser 38 Berliner Juden fand eine große Tragödie und ein Willkürakt der Justiz, geprägt vom Judenhass, ausgehend von der Obrigkeit unter Kurfürst Joachim I(1484-1535) sein Ende.
Im Dorf Knoblauch (Havelland) wurde Kirchengeschirr geraubt und geweihtes Gebäck (Hostien). Den Täter hatte man in Bernau erwischt und er gestand unter Folter, das Messing aus der Kirche bald zerstört und die Hostien an Juden verkauft zu haben. Diese haben dann die Hostien geschändet, das heißt zerbrochen und verspeist. Alle wurden ermittelt, es waren derer 51, die vor der Marienkirche auf dem Neuen Markt verurteilt wurden, davon 38 zum Tode. Jene Todeskandidaten wurden bald auf eine Karre verfrachtet und zur Abschreckung, aber auch zu Vorführung, durch das alte Berlin und Cölln gekarrt. Auf dem Transportkarren standen lodernde Feuerpfannen, in denen die Foltereisen rotglühend gemacht wurden und für eine effektivere Folter auf grausamste Weise verwendet. Jene hilflosen Menschen, dem johlenden Volk vorgeführt, als die „Sensation“, bis die Hinrichtungsstätte am Rabenstein erreicht war. Dort hatte man, für den Zweck 38 Menschen langsam hinzurichten, ein speziell gebautes Holzgerüst errichtet. Jenes Gerüst wurde an mehreren Seite angezündet und äußerst qualvoll verbrannten die Verurteilten in den Balken hängend, sich gegenseitig sehend, während das umstehende Volk um die besten Plätze zum Gucken kämpfte und mit Schadenfreude die Bestrafung betrachtete. Dreißig Jahre später, unter Kurfürst Joachim II wurde jenes Urteil als Justizverbrechen gewertet und den Juden mehr Freizügigkeit und Freiheiten eingeräumt, bis sich 430 Jahre später im dritten Reich der Nazis ähnliches wiederholte, nur jetzt mit riesigen Folterstätten, nicht mehr öffentlich, aber nicht weniger perfide, wo es oft reichte nur Jude zu sein, für ein Todesurteil!
R.R.
Literatur: Adolf Streckfuß „500 Jahre Berliner Geschichte“ Berlin Verlag von A. Goldschmidt 1900.
Autor:Ralf Rohrlach aus Friedrichshain |
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