Nackt mit Tierkopf im Seminar
Unbekannte stören virtuelle Veranstaltungen von Berliner Hochschulen
Vier Hochschulen waren in den vergangenen zwei Corona-Jahren von sogenannten Zoombombings betroffen. Dabei loggen sich die Täter in virtuelle Vorlesungen und Veranstaltungen ein, um zu stören und zu pöbeln.
Philosophiestudenten der Freien Universität (FU) lauschen am 5. November 2020 zu Hause einer Videovorlesung zum Thema „Der europäische Naturalismus“, als sich plötzlich ein junger Mann mit dem Namen Oskar in das Zoom-Meeting einklinkt und völlig nackt präsentiert. Der „Teilnehmer“ trägt eine Tiermaske auf dem Kopf, damit man ihn nicht erkennt. Dasselbe passierte bei einer Videosprechstunde der TU-Studienberatung. Pornos wurden ebenfalls mehrfach eingespielt, wie zum Beispiel bei Tutorien des TU-Instituts für Mathematik. Auch Beleidigungen, rechtsradikale und antisemitische Parolen waren bei den Zoombombings dabei, wie Hochschulen berichten.
Das geht aus der Antwort von Wissenschaftsstaatssekretärin Armaghan Naghipour (Grüne) auf eine Anfrage der Linken zum Thema „Zoombombings – gezieltes Stören von Videokonferenzen und Onlineveranstaltungen an Berliner Unis“ hervor. Etwa zwei Dutzend Fälle habe es an vier Einrichtungen der Freien Universität, der Humboldt-Universität, der Technischen Universität und der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin) gegeben, berichtet Armaghan Naghipour. Die Mehrheit der Berliner Hochschulen wie zum Beispiel die Alice-Salomon-Hochschule, die Universität der Künste und die Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ waren von derartigen Störungen nicht betroffen.
Die TU, die am meisten betroffen war, hat angegeben, dass die Störungen ausschließlich bei Videokonferenzen mit der US-Software Zoom stattfanden. Videoveranstaltungen über Cisco WebEx und Big-BlueButton wurden nicht gekapert. Über die Motive für das gezielte Stören von Videokonferenzen und Onlinelehrveranstaltungen ist kaum etwas bekannt. Bei öffentlichen Veranstaltungen der großen Unis haben die IT-Experten aber meist internationale IP-Adressen als Quellen identifiziert. Sie gehen deshalb davon aus, dass die Störer nicht „Mitglieder der Hochschulen waren oder mit diesen in Beziehung stehen“, heißt es. Aber es gibt auch Fälle, „bei denen mutmaßlich Studierende der gestörten Veranstaltungen zumindest beteiligt gewesen sein müssen“, so Naghipour. Denn die Zugangscodes waren nicht öffentlich. Beim letzten Zoombombing am 19. Januar beim „Digitalen Campus Erlebnis bei der HWR Berlin“ waren es laut Bericht Schüler, die an der Infoveranstaltung teilgenommen hatten. Die drei Frauen von der HWR wurden beleidigt und frauenfeindlich angegriffen, heißt es.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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