Damit das Fass nicht überläuft
Verein Kopfsachen fördert die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

Ehrenamtliche Psychologen bieten in Schulen Workshops zur mentalen Gesundheit an.  | Foto:  Kopfsachen e.V.
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Der gemeinnützige Verein Kopfsachen aus Berlin hat den Deutschen Engagementpreis in der Kategorie „Chancen schaffen“ gewonnen. Ehrenamtliche Psychologen des Vereins bieten in Schulen Workshops für mentale Gesundheit an.

Stress mit den Eltern, Angst vor der Klassenarbeit, Liebeskummer oder Cybermobbing: Die Liste psychischer Belastungsfaktoren vor allem bei Jugendlichen ist lang. Werden die Probleme verdrängt und nicht frühzeitig bearbeitet, entstehen daraus psychische Erkrankungen mit schwerwiegenden Folgen. Depressionen, Angstattacken, Essstörungen, soziale Isolation bis hin zu Suizidgedanken sind die Folge.

Kopfsachen-Chef Willi Weisflog mit Kollegin Carolin Blanck beim Projekttag. 
 | Foto: Kopfsachen e.V.
  • Kopfsachen-Chef Willi Weisflog mit Kollegin Carolin Blanck beim Projekttag.
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75 Prozent der psychischen Erkrankungen entstehen in der Entwicklungsphase bis zum 25. Lebensjahr. „Das Thema betrifft uns alle“, sagt Willi Weisflog. Der Psychologe hat 2020 noch als Student kurz vor Corona mit seinen zwei Kommilitoninnen Leonie Müller und Carolin Blanck das Ehrenamtsprojekt Kopfsachen gegründet, um in Workshops an Schulen Jugendliche für das wichtige Thema mentale Gesundheit zu sensibilisieren und Strategien zur Bewältigung zu vermitteln. „Corona hat bei vielen das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt der 32-jährige Mitgründer und Chef des mittlerweile gemeinnützigen Vereins Kopfsachen.

Lange Wartelisten

Anfangs haben Weisflog und seine Mitstreiter die Schulen abgeklappert, ihr Programm angeboten und die Workshops selbst durchgeführt. Mittlerweile rufen die Schulen an, die einen Projekttag zum Thema "mentale Gesundheit" buchen wollen. Längst gibt es lange Wartelisten. Der Verein Kopfsachen bietet seine Workshops nicht nur an Berliner Schulen an, sondern auch in Hamburg oder Köln.

Psychologen machen in kleinen Gruppen Workshops an Schulen.  | Foto: Kopfsachen e.V.
  • Psychologen machen in kleinen Gruppen Workshops an Schulen.
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Über 15.000 Jugendliche, die meisten an Berliner Schulen, haben bereits an den Kopfsachen-Workshops für mentale Gesundheit teilgenommen. 60 ehrenamtliche Psychologen und Psychologiestudenten gehen mittlerweile an die Schulen und machen mit Schülern der siebten bis zwölften Klasse Projekttage rund um das Thema. Zwei bis vier Psychologen beschäftigen sich in kleinen Gruppen mit den Jugendlichen. Es geht ums Zuhören, um Informationen zu psychischen Erkrankungen und vor allem darum, dass die Jugendlichen Alarmsignale frühzeitig erkennen. Im besten Fall sind sie in der Lage, mit Stresssituationen gut umzugehen, bevor das Fass überläuft. In den Workshops lernen die Schüler, wie sie zum Beispiel mit mentalen Übungen wie bewusstes Atmen oder anderen Strategien eine Eskalation verhindern.

Schulungen für Lehrer

Das Programm von Kopfsachen richtet sich auch an Lehrkräfte. Über 1000 Lehrer wurden schon geschult. Auch „Botschafter für mentale Gesundheit“ werden ausgebildet. Eigentlich sollte die Schule genau der Ort sein, an dem die Probleme der jungen Leute erkannt und bearbeitet werden. „Doch das System Schule ist oft eher ein zusätzlicher Belastungsfaktor“, sagt Weisflog. Mit seinem Bildungsprojekt will er dazu beitragen, dass „Schule ein Stützort ist“.

Der Verein Kopfsachen beschäftigt zurzeit 20 Festangestellte an drei Standorten. Die Kopfsachen-Experten finanzieren sich mit Stiftungsgeldern, privaten Spenden und Zuschüssen von Krankenkassen. Fördergelder vom Senat gibt es nicht. Eine frühzeitige Intervention ist auch schon deshalb wichtig, um Folgekosten für spätere psychologische Behandlungen zu reduzieren. Laut DAK erkranken Berliner Kinder im Alter von 15 bis 17 Jahren sogar doppelt so häufig an Depression wie im Bundesdurchschnitt. Der Deutsche Ethikrat hat die Empfehlung herausgegeben, zeitnah für psychosoziale Prävention, Beratung, Unterstützung und Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu sorgen.

Mit Engagementpreis ausgezeichnet

Der Deutsche Engagementpreis ist die bedeutendste Auszeichnung für bürgerschaftliches Engagement in Deutschland. In über 650 Wettbewerben zu freiwilligem Engagement werden jährlich die Erstplatzierten für den Deutschen Engagementpreis vorgeschlagen. Initiator und Träger des Deutschen Engagementpreises ist seit 2009 das Bündnis für Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss von großen Dachverbänden und unabhängigen Organisationen. Der Deutsche Engagementpreis wurde Anfang Dezember im Deutschen Theater an acht Projekte in fünf Kategorien, dazu ein Sonderpreis und zwei Publikumspreise an Preisträger aus Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen und dem Berliner Sieger Kopfsachen verliehen.

Weitere Informationen gibt es dazu im Internet unter kopfsachen.org sowie auf deutscher-engagementpreis.de.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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